Ermittlung in Italien

Benko soll Kopf „mafiaartiger Vereinigung“ sein

Wirtschaft
04.12.2024 13:36

Nach den Razzien in Italien, bei denen auch der dortige Signa-Chef unter Hausarrest gestellt wurde, ist nun ein konkreter Vorwurf gegen René Benko bekannt geworden. Die Staatsanwaltschaft Trient verdächtigt den Tiroler Unternehmer und Signa-Gründer, „Anführer einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung“ zu sein. Eine Auslieferung muss Benko wohl dennoch nicht fürchten. 

Wie aus den Ermittlungsakten hervorgeht, lautet der Vorwurf, dass besagte Vereinigung mit dem Ziel gegründet worden war, Konzessionen und Genehmigungen zu erlangen, um daraus ungerechtfertigte Gewinne zu erzielen.

Benko habe an der Spitze der „kriminellen Vereinigung“ mithilfe des Bozner Steuerberaters Heinz Peter Hager und des Unternehmers Paolo Signoretti aus der Stadt Rovereto gehandelt, hieß es aus der Trentiner Staatsanwaltschaft. Hager ist auch Vorstandschef der nach Benkos Tochter benannten Laura Privatstiftung.

Ermittlungen gegen 77 Personen
Gegen insgesamt 77 Personen wird ermittelt, darunter fünf Südtiroler. Acht Personen wurden unter Hausarrest gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Korruption, krimineller Vereinigung, Betrug und Verletzung des Amtsgeheimnisses in Trient, Bozen, Verona, Brescia, Mailand, Pavia und Rom.

Heinz Peter Hager, hier auf einem Archivbild, wurde unter Hausarrest gestellt. (Bild: EPA)
Heinz Peter Hager, hier auf einem Archivbild, wurde unter Hausarrest gestellt.

Die Leiterin der Abteilung für Stadtplanung in Bozen, Daniela Eisenstecken, soll im Verdacht stehen, ihr Amt genutzt zu haben, um Genehmigungen auszustellen, ohne sich dabei an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, so die Ermittler. Sie soll eine wichtige Rolle in der mutmaßlich kriminellen Organisation gespielt haben. Sie soll auch „ein Dossier mit vertraulichen Informationen über Verwaltungsangestellte und öffentliche Bedienstete erstellt haben“, um diese zu erpressen.

Aufträge gegen Gefälligkeiten, Geschenke, Geldzahlungen?
Laut den Ermittlern sollen die beteiligten Unternehmer öffentliche Aufträge durch die Gewährung von Gefälligkeiten, Geschenken und Geldzahlungen an Beamte und Verwaltungsmitarbeiter erschlichen haben. Die Ermittlungen gehen weiter. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Benko muss wohl keine Auslieferung fürchten
Was Benko selbst betrifft, muss der Finanzjongleur weiter weder Festnahme noch Auslieferung befürchten. Formal muss über das „Ersuchen“ der Italiener aber noch vom Haft- und Rechtsschutzrichter am Landesgericht Innsbruck entschieden werden. Dies dürfte voraussichtlich noch vor Weihnachten passieren, hieß es am Mittwoch.

Benko werde jedenfalls im Rahmen des angelaufenen „Übergabeverfahrens“ nun zu einer Stellungnahme aufgefordert, sagte Landesgerichtssprecherin Birgit Fink zur APA. Da wohl zu erwarten ist, dass der Tiroler sich nicht freiwillig südlich des Brenners in Haft begibt, wird der Haftbefehl in Österreich nicht vollstreckt werden. Es bestehe schließlich eine im Verfassungsrang stehende Bestimmung, dass österreichische Staatsbürger wegen mutmaßlicher Delikte, wegen derer gegen sie auch im Inland ermittelt werden kann, nicht ausgeliefert werden dürfen, betonte Fink.

„Da sind wir ja mitten in der Mafia-Szenerie“
In Reaktion auf die neuen Vorwürfe aus Italien äußerte sich am Mittwoch auch Vizekanzler und Beamtenminister Werner Kogler (Grüne): „Ich kann jetzt nicht genau sagen, was in Italien die Vorhalte sind. Die klingen üppig, aber ich kann das ja nicht überprüfen. Da sind wir ja mitten in der Mafia-Szenerie“, sagte der Politiker am Rande einer Pressekonferenz in Wien. „Jedenfalls waren wir nicht mit dem Herrn Benko auf Partys, haben keine Hirsche geschossen. Vielleicht sollten sie diejenigen an der Nase nehmen, die sich in seinem Licht gesonnt haben, und dorthin ihre Fragen richten, ich werde mich gerne beteiligen. Vielleicht braucht's da auch noch einen U-Ausschuss.“

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Trient wegen mutmaßlicher Korruption und Bauspekulation betreffen auch den namhaften Südtiroler Unternehmer und SkyAlps-Chef Josef Gostner. Die Heliopolis AG im Eigentum des unter Hausarrest stehenden Trentiner Unternehmers Paolo Signoretti war mit den Arbeiten zur Erweiterung der Landebahn am Bozner Flughafen beauftragt. Zwischen den beiden soll laut den Ermittlern eine Abmachung bestanden haben, um „Prüfpersonal der italienischen Zivilluftfahrtbehörde Enac in die Irre zu führen, indem der tatsächliche Grundwasserspiegel im Bereich der durch die Flughafenerweiterung betroffenen Fläche verschleiert“ worden sei. Infolge dieses Vorgehens soll Gostner die Genehmigung zum Ausbau der Landebahn erhalten haben.

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