Die Statistik Austria hat am Mittwoch ein düsteres Bild von der heimischen Wirtschaft gezeichnet und liegt damit noch unter der BIP-Schnellschätzung des Wifo. „In den letzten fünf Jahren ist der Wohlstand deutlich zurückgegangen“, so das Fazit von Statistik-Chef Tobias Thomas. Österreich stecke weiter in einer Rezession fest.
Österreichs Wirtschaft ist das sechste Quartal in Folge geschrumpft, seit März 2023 hat es nahezu durchgehende Umsatzrückgänge in der Industrie gegeben. Von Juli bis September lag das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,6 Prozent unter dem Vorjahresquartal und um 0,1 Prozent unter dem Vorquartal, geht aus vorläufigen Berechnungen hervor.
„Besonders betroffen ist mit einem Minus von 3,7 Prozent erneut die Industrie, die weiterhin unter der globalen Konjunkturflaute leidet“, so Thomas vor Journalisten bei der Präsentation des „Austrian Economic Barometer“.
Rückgang bei Dienstleistungen, Plus im Wohnungswesen
Auch die bedeutenden Bereiche sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (minus 2,5 Prozent), Bau (minus 1,7 Prozent) und Handel (minus 1,5 Prozent) seien weiter rückläufig. Ein moderates Wachstum im Wohnungswesen (1,0 Prozent) sowie in der öffentlichen Verwaltung (ebenfalls 1,0 Prozent) konnte den Rückgang zumindest teilweise abfedern, rechnen die Statistiker vor.
Allerdings setzten sich die Umsatzrückgänge im produzierenden Bereich im Oktober 2024 fort und lagen mit 1,4 Prozent unter dem Ergebnis vom Oktober 2023. Dabei sind die Umsätze in der Industrie um 2,2 Prozent zurückgegangen, während der Bau im Jahresabstand um 3,6 Prozent zugelegt hat. Im gesamten Zeitraum von Jänner bis August 2024 lagen die Importe um 9,8 Prozent und die Exporte um 4,4 Prozent unter der entsprechenden Vorjahresperiode.
Strompreisbremse wirkte dämpfend auf Teuerung
Die November-Inflationsrate beträgt voraussichtlich 1,9 Prozent, nach jeweils 1,8 Prozent im Oktober und September 2024, und liegt damit weiterhin knapp unter dem EZB-Ziel von 2,0 Prozent. „Damit hält der Trend moderater Teuerungsraten in Österreich an“, so die Statistiker. Getrieben werde die Teuerung weiterhin vom Dienstleistungssektor. Der Großhandelspreisindex und der Erzeugerpreisindex für den produzierenden Bereich entwickelten sich weiterhin rückläufig.
Ingolf Böttcher, Leiter Direktion Volkswirtschaft Statistik Austria, erklärte, dass die Strompreisbremse der Regierung einen dämpfenden Effekt auf die Inflation hatte, der mit dem Auslaufen der Bremse zum Jahresende wegfallen werde. Die Kerninflationsrate in Österreich liege hierzulande jedenfalls deutlich über zwei Prozent.
Wifo muss Konjunkturprognose für 2024/25 senken
Aufgrund der schlechter als erwarteten Wirtschaftsentwicklung im zweiten und dritten Quartal wird sich auch die Wifo/IHS-Herbstprognose für 2024/25 nicht halten lassen. Im Oktober hatten die Wifo-Ökonomen für heuer noch einen Rückgang der österreichischen Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent und im nächsten Jahr ein Plus von 1,0 Prozent prognostiziert. Beim Budgetdefizit für 2024 rechnete das Wifo damals mit 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und für 2025 mit 4,0 Prozent. In 16 Tagen präsentieren Wifo und IHS ihre aktualisierte Konjunkturprognose.
Aufgrund der BIP-Zahlen zum zweiten und dritten Quartal gebe es bei der Prognose „einen Spielraum nach unten“, sagte Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker auf APA-Anfrage. In Deutschland wurden die Wirtschaftsaussichten für 2025 kürzlich stark gesenkt. Das als „Wirtschaftsweise“ bekannte deutsche Expertengremium hatte Mitte November seine Wachstumsprognose für Deutschlands Wirtschaft im kommenden Jahr von 0,9 Prozent auf 0,4 Prozent halbiert. Für die Prognose der heimischen BIP-Entwicklung 2025 erwartet Scheiblecker keinen derartigen Korrekturbedarf. „Erste Berechnungen zeigen keine Halbierung.“
Budgetdefizit wird höher ausfallen
Durch die schwächere Wirtschaftsentwicklung wird das vom Wifo erwartete Budgetdefizit 2024 und 2025 voraussichtlich leicht höher ausfallen. Details zum Budgetsaldo gebe es bei der Winterprognose am 20. Dezember, so der Wifo-Ökonom. Die Konjunkturprognose wird derzeit noch erstellt.
Die schlechten Zahlen haben heute die NEOS auf den Plan gerufen. „Ohne ein mutiges Reformpaket droht ein Domino-Effekt an Pleiten. Gerade angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation ist es wichtig, dass wir die Entwicklung der Konjunktur laufend gut im Blick haben und beobachten. Die Herausforderungen sind vielfältig, von hohen Energiekosten bis zu steigenden Lohnstückkosten, es wird also darum gehen, entschlossen Maßnahmen zu setzen“, so deren Abgeordneter Sepp Schellhorn.
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