Den Gemeinden fehlt Geld. Abseits der politischen Debatten fordern immer mehr Bürgermeister zusätzliche Finanzhilfe, ansonsten drohen die Haushaltskassen zu kollabieren
Der Hilferuf nach außerplanmäßigen Geldern, um angeschlagene Gemeindebudgets zu entlasten, wird immer lauter. Der politische Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP rückt angesichts der Warnung der Ortschefs beinahe in den Hintergrund. Die Debatte auf eine sachliche Ebene zurückzuführen, forderten zuletzt auch die Listen-Bürgermeister aus Jennersdorf, Eltendorf und Parndorf, die sich für den von ÖVP, FPÖ und Grünen abgesagten Müll-Deal aussprechen, um schnell Geld in die Gemeindekassen zu spülen.
Doskozil will Müll-Deal neu verhandeln
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte hingegen an, einen weiteren Anlauf zu nehmen, um strukturelle Maßnahmen und Möglichkeiten, wie jene in Bezug auf den Müllverband, neuerlich aufzugreifen.
Viele Gemeinden müssen negativ budgetieren
Sollte frisches Geld für die Kommunen allerdings ausbleiben, kündigen immer mehr Ortschefs an, ihre Haushaltsvoranschläge für 2025 mit riesigen Abgängen beschließen zu wollen. Allein in der Shopping-Metropole Parndorf macht das Minus für 2025 1,5 Millionen Euro aus. Bislang sind der Gemeinde jedes Jahr rund 2 Millionen Euro von den Ertragsanteilen geblieben, zusätzlich ein Batzen Geld durch Kommunalsteuereinnahmen. „Jetzt sind wir an dem Punkt, dass es kein Einsparungspotenzial mehr gibt und selbst, wenn sich noch mehr Betriebe ansiedeln, werden wir extra bestraft“, sagt Ortschef Wolfgang Kovacs (LIPA).
Sollen die lieben Herrn Politiker aus Eisenstadt kommen und Mitarbeiter der Gemeinde kündigen. Ich werde das auf keinen Fall tun.
Wolfgang Kovacs, Bürgermeister der Gemeinde Parndorf (LIPA)
Gesetzliche Vorgaben, um ausgeglichen zu budgetieren, könne er nicht einhalten. „Wir haben 110 Mitarbeiter und ich werde keinen kündigen. Sollen die lieben Herrn Politiker aus Eisenstadt kommen und das übernehmen“, neckt Kovacs angesichts der Finanznot in den Gemeindekassen in Richtung Landhaus. In 39 Jahren Gemeindepolitik habe er eine solche Situation noch nie erlebt. „Im Burgenland wird einem das Gefühl vermittelt, dass das Land im Geld schwimmt. Andererseits muss ich als Bürgermeister der Feuerwehr erklären, dass sie keine neuen Helme bekommen, weil der Gemeinde das ganze Geld abgezogen wird“, so Kovacs.
Mit der Übermittlung der Budgetvorschau für das Jahr 2025 wurde den Gemeinden viel zu spät die traurige Wahrheit präsentiert, üben auch die Bürgermeister der Gemeinde Pöttelsdorf, Zemendorf-Stöttera, Marz, Antau, Krensdorf sowie die Vizebürgermeister aus Sieggraben und Forchtenstein (alle ÖVP) Kritik an den hohen Abzügen des Landes und auch der mangelnden Nachvollziehbarkeit.
VP-Ortschefs kritisieren hohe Abzüge durch Land
„Wir können uns nicht zur Wehr setzen, denn das Land behält sich die Mittel direkt ein. Die Berechnung der Abzüge ist eine große Blackbox: Transparenz ist Mangelware“, so die Türkisen. Ihre Forderung: ein echtes Gemeindepaket und die Abschaffung der Landesumlage, um den finanziellen Ruin noch abzuwenden. Als besonders prekär erachten die ÖVP-Politiker auch die rückwirkende Verrechnung des Krankenanstaltenabgangs durch das Land.
Politische Debatten zwischen SPÖ und ÖVP um Entlastungspaket
In der Causa um die maroden Gemeindefinanzen sind die politischen Rollen jedenfalls klar verteilt. Geht es nach der SPÖ, ist die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes für die Misere verantwortlich. Die ÖVP sieht die Schuld bei der SPÖ-Alleinregierung. Darüber diskutiert wird auch am Dienstag, bei einem von der ÖVP initiierten Sonderlandtag. Einigkeit herrscht bei den Parteien nur darüber, dass Gemeinden Finanzhilfe brauchen.
Müll-Deal hätte Gemeinden um 311 Millionen Euro entlastet
Die Situation ist dramatisch, betonen die Ortschefs. Zuletzt war sogar die Rede davon, dass einzelne Gemeinden Gehälter nicht mehr zahlen können. Eine Situation, für die SPÖ-Klubobmann Roland Fürst die Volkspartei verantwortlich macht. „Das Entlastungspaket des Landes, das die ÖVP Anfang des Jahres abgelehnt hat, hätte mehr als 311 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 gebracht“, so Fürst, der die Forderung nach einer „Akut-Milliarde“ an den Bund erneuert. Strukturelle Maßnahmen vom Bund, um Gemeinden langfristig zu unterstützen, fordert ebenso Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf.
ÖVP wollte Gemeinden Aufnahme von mehr Darlehen ermöglichen
Die Türkisen bleiben hingegen beim Veto für den „schmutzigen Müll-Deal“. Stattdessen wollte man Kommunen erlauben, für den laufenden Betrieb Darlehen aufzunehmen, um mehr Handlungsspielraum zu haben. Dieser mit der Landeshauptmann-Stellvertreterin ausverhandelte Deal sei durch den Landeshauptmann verhindert worden, sagt Klubobmann Markus Ulram. „Das ist ein schäbiger Versuch, einen Keil in die Landesregierung zu treiben“, kontert Eisenkopf. Das Burgenland werde alles tun, um Gemeinden zu unterstützen.
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