Die Österreicher rauchen immer weniger Zigaretten, gleichzeitig wird der Markt mit Nikotinbeuteln und E-Zigaretten überschwemmt. Sie sind weniger reguliert, doch das könnte sich ändern. Eine „Nikotinsteuer“ könnte zudem dringend benötigtes Geld in die Staatskasse spülen. Eine Reform dürfte auch bald Thema in den Regierungsverhandlungen werden.
Derzeit sind E-Zigaretten bzw. Liquids sowie Nikotinpouches (kleine Beutel unter der Lippe) mit null Prozent tabakbesteuert, beim Verkauf fällt lediglich die Umsatzsteuer von 20 Prozent an. Bei klassischen Zigaretten gehen hingegen 60 Prozent als Tabaksteuer an den Fiskus, bei Erhitzern sind es rund 18 Prozent.
„Nikotin gehört in die Trafik“
„Das ist gesundheitspolitisch nicht nachvollziehbar“, sagt Hannes Hofer, Chef der Monopolverwaltung. Es sei verständlich, solche Produkte geringer zu besteuern, da sie risikoärmer als Zigaretten sind, aber dass sie gar nicht unter das Tabaksteuergesetz fallen, ergebe keinen Sinn. Professor Bernhard Rupp, Gesundheitsökonom bei der AK, sieht das ähnlich: „Bei allen Suchtmitteln setzen wir auf das Prinzip der Risikoreduzierung, nur bei Zigaretten wird das von der Politik außen vor gelassen.“
Hofer plädiert dafür, das Tabakmonopol zu einem „Nikotinmonopol“ zu machen und auch die Abgabe von E-Zigaretten und Nikotinbeutel auf Trafiken zu beschränken. Derzeit kann jeder Reifenhändler, Bäcker oder Handyshop diese Produkte frei verkaufen. Auch große Handelsketten sollen sich bereits dafür interessieren und wollen an dem Trend zu den neuartigen Zigaretten-Alternativen mitverdienen.
Es wäre aber nur ein logischer Schritt, auch die Alternativprodukte ausschließlich in den Trafiken zu verkaufen, meint Hofer. Das würde zusätzlich den Schutz Minderjähriger stärken. „Der unkontrollierte Verkauf gefährdet die Gesundheit unserer Jugend“, warnt der Monopolchef. Denn die Nachfrage nach den Rauch-Alternativen wächst Jahr für Jahr um 50 Prozent. Auch den Trafikanten entgehen damit Einnahmen, wenn E-Zigaretten und Co. unkontrolliert verkauft werden. Experte Rupp erkennt die Problematik ebenfalls: „Die EU will den Anteil der Raucher auf unter fünf Prozent drücken, doch was heißt das für die Trafikanten? Eine Ausweitung des Monopols halte ich für sinnvoll.“
E-Zigaretten und Pouches könnten teurer werden
Für den Staat führt das derzeitige Steuersystem zugleich zu einem weiteren Problem: die fehlenden Einnahmen. Seit Alternativen so stark zulegen, stagnieren die Tabaksteuereinnahmen de facto lediglich oder wachsen moderat (siehe Grafik). Gut zwei Milliarden Euro nahm der Staat 2023 ein, heuer dürften es nur rund 2,5 Prozent mehr sein.
Der unkontrollierte Verkauf von alternativen Produkten gefährdet die Gesundheit unserer Jugend.
Hannes Hofer, Chef der Monopolverwaltung
Bild: www.mvg.at/Johannes Kernmayer
Die Tabaksteuer ist die zweitgrößte Verbrauchssteuer nach der Mineralölsteuer! Der Finanzminister baut auf zumindest mit der Inflation steigende Einnahmen. Doch rund 100 Millionen Euro könnten dem Budgethaushalt künftig jährlich entgehen, da Alternativen nicht besteuert sind und gleichzeitig stark wachsen – gerade in Zeiten von riesigem Budgetdefizit ist das Geld, das der Bund gut brauchen kann. E-Zigaretten würden dann aber teurer werden, da die Steuer auch beim Konsumenten ankommen soll.
Selbst die Industrie, die unmittelbar von einer Besteuerung betroffen wäre, zeigt sich offen. Man sei kein Befürworter einer „Nikotinsteuer“, doch „es wäre realitätsfremd anzunehmen, dass Nikotinprodukte gar nicht, abgesehen von der Mehrwertsteuer, besteuert werden, da dies in vielen anderen Ländern schon der Fall ist“, betont Ralf-Wolfgang Lothert von JTI (Austria Tabak). Wichtig sei, dass sich in der Höhe der Steuersätze aber geringere Gesundheitsrisiken widerspiegeln. Weniger schädliche Produkte sollten geringer besteuert werden.
Die Zulassungsverfahren für alternative Produkte sind in Österreich zu kompliziert. Österreich hat hier EU-Vorgaben besonders streng ausgelegt.
Florian Groß, Philip Morris
Bild: Chris Singer
Weiteres dringend benötigtes Geld entgeht dem Fiskus, da Tabaksticks der Philip-Morris-Marke Terea in Österreich nicht zugelassen sind und daher über der Grenze gekauft werden. Der Anteil an nicht in Österreich versteuerten Produkten soll bereits rund 30 Prozent betragen.
„Dadurch verliert der Staat voraussichtlich 2025 weitere 80 Millionen Euro. Die Zulassungsverfahren sind in Österreich zu kompliziert. Die Behörden gehen hier weit über die EU-Vorgaben hinaus“, so Philip-Morris-Sprecher Florian Groß. In nahezu allen anderen EU-Staaten gibt es die Alternativen hingegen, sie müssen dort nur angemeldet werden.
„Nikotinsteuer“ könnte Thema in Regierungsverhandlungen werden
Ob es eine Ausweitung des Monopols ins Regierungsprogramm schafft, ist noch nicht fix. Dem Vernehmen nach dürfte die „Nikotinsteuer“ aber auch bald Thema in den Koalitionsverhandlungen werden. Handlungsbedarf ist jedenfalls während der kommenden Legislaturperiode gegeben, denn das derzeitige Tabaksteuergesetz läuft 2027 aus. Möglich wären eine Überarbeitung oder ein neues Gesetz. Derzeit sind Regelungen im Tabaksteuergesetz, Tabakmonopolgesetz und im Nichtraucher-Gesetz geregelt.
Ein Nikotin-Gesetz oder eine Novelle könnten hier neue Rahmenbedingungen schaffen und auch Alternativen umfassen. Laut einer market-Umfrage im Auftrag der Monopolverwaltung wären auch 75 Prozent der Österreicher dafür, E-Zigaretten und Co. ausschließlich in Trafiken zu verkaufen.
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