Rumänien-Stichwahl

Rechtsextremer Georgescu jahrelang in Österreich

Außenpolitik
05.12.2024 11:23

Der als rechtsradikal geltende rumänische Präsidentschaftskandidat Calin Georgescu verdankt vor allem im Ausland lebenden Landsleuten seinen Einzug in die Stichwahl. In Österreich bekam der 62-jährige Doktor der Pedologie sogar beinahe 50 Prozent der Stimmen. Georgescu hat auch einen starken Bezug zu Österreich, schließlich lebte er mit seiner Familie zehn Jahre lang in der Alpenrepublik. Seine österreichischen Aktivitäten bleiben jedoch weitgehend im Dunkeln.

Eintragungen im österreichischen Grundbuch lassen darauf schließen, dass Georgescu im Jahr 2011 aus einem Bukarester Plattenbau nach Mödling und 2014 weiter nach Alland im Bezirk Baden zog. Später war seine Familie – er, Gattin Cristela-Elena und zwei Söhne – von 2017 bis 2021 in der Gemeinde Günselsdorf, ebenso Bezirk Baden, ansässig. 

Calin Georgescu dominierte in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl. (Bild: Associated Press)
Calin Georgescu dominierte in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl.

Georgescus Beziehungen nach Österreich reichen allerdings schon in die Zeit vor seiner Übersiedlung zurück. So wurde der damalige Nachhaltigkeitsexperte bereits 2009 im Internet als Vorstandsmitglied des Vereins „The Club of Rome – European Support Centre“ mit Sitz in Wien geführt. Ende der Neunzigerjahre gegründet, sollte dieses „Europabüro des Club of Rome“ eine Osterweiterung des auf Ökologie- und Wirtschaftsfragen spezialisierten „Club of Rome“ vorantreiben und neue „Chapter“ (Landesorganisationen, Anm.) in Osteuropa unterstützen. 2010 avancierte der 1962 geborene Rumäne jedenfalls zum ehrenamtlichen Vorsitzenden dieses „Europabüros“ in Wien.

Die damals involvierten österreichischen Vereinsfunktionäre können sich nicht mehr genau erinnern, wie Georgescu konkret in den Vorstand kam. Naheliegend ist jedoch ein Zusammenhang mit dem rumänischen „Chapter“, das laut Wahrnehmung von „Europabüro“-Mitbegründer Siegfried Sellitsch seinerzeit von „Jungen mit den blauen Augen“ gegründet worden sei. „So hat man ehemalige Securitate-Mitarbeiter genannt“, erzählte der pensionierte Versicherungsmanager der APA unter Verweis auf den rumänischen Geheimdienst.

War früher UNO-Sonderberichterstatter
Georgescus Karriere im „European Support Centre“ währte jedoch nicht lange: Ohne seinen österreichischen Partnern plausible Gründe zu nennen, ließ er den Verein in Wien im Herbst 2013 auflösen. Gleichzeitig blieb er dem „Club of Rome“ treu – zwischen Juli 2011 und März 2021 war er Mitglied des Internationalen Sekretariats mit Sitz im Schweizerischen Winterthur. Ebenso im Zusammenhang mit der Schweiz stand auch eine weitere Tätigkeit des Wahlniederösterreichers: Zwischen 2010 und 2012 wirkte er als UNO-Sonderberichterstatter zu Auswirkungen von Umweltverschmutzung auf die Menschenrechte.

Protest gegen Calin Georgescu, der auf einem verfremdeten Bild von Leonardo Da Vincis „Madonna mit Kind“ als Kind von Kremlchef Wladimir Putin abgebildet wird. (Bild: APA/AFP/Daniel MIHAILESCU)
Protest gegen Calin Georgescu, der auf einem verfremdeten Bild von Leonardo Da Vincis „Madonna mit Kind“ als Kind von Kremlchef Wladimir Putin abgebildet wird.

Unklar, wovon die Georgescus in Österreich lebten
Obwohl die Familie bereits bei ihrem Zuzug 2011 Immobilien in Niederösterreich ganz ohne Hypothekarkredite im Wert von 530.000 Euro erwerben und später 2014 bzw. 2017 für höhere Summen weiterverkaufen konnte, bleibt angesichts der ehrenamtlichen Engagements unklar, wovon die Georgescus in ihren zehn österreichischen Jahren eigentlich lebten. Von Calin Georgescu selbst sind keine weiteren Jobs in Österreich bekannt, er war nach Angaben des Außenministeriums in Wien vor Ort auch nie als Diplomat akkreditiert.

Laut dem Nachrichtenmagazin „Profil“ hatte zumindest seine Ehefrau von August 2019 bis März 2021 eine Gewerbeberechtigung als „Humanenergetikerin“ und bot in einer Gemeinschaftspraxis in Schönau an der Triesting entsprechende Dienstleistungen an. Die häufigen Corona-Lockdowns ab dem Frühjahr 2020 dürften jedoch geschäftsschädigend gewesen sein. Im Juli 2021 verkaufte das Ehepaar das Domizil in Günseldorf und kehrte Österreich wieder den Rücken. 

Bürgermeister kann nichts Schlechtes über Georgescu sagen
„Der Grund – so haben sie uns gesagt – für die Rückkehr war, dass er beruflich nicht Fuß fassen konnte“, erzählte der Günselsdorfer Bürgermeister Alfred Artmäuer. Die Georgescus hätten in seiner unmittelbaren Nähe gewohnt und man habe sich gerade im Sommer fast jeden Tag gesehen. Er könne nichts Schlechtes über die Familie sagen, betonte der Gemeindepolitiker. Der zurückgezogen lebende Calin Georgescu, der anders als seine Gattin nur schlecht Deutsch spreche, sei nie ausfällig geworden, er habe nie antisemitische Aussagen getätigt oder sich als Russland-Freund positioniert.

Ex-Diktator als „Held“ bezeichnet
In seiner Heimat tat er dies sehr wohl, mehrmals hat er Faschismus verherrlichende Texte geschrieben. Den Ex-Diktator Ion Antonescu und den Faschisten Corneliu Zelea Codreanu bezeichnete er als „Helden“. Zudem gilt Georgescu als Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin und hat bereits erklärt, sollte er die Wahl gewinnen, würden die rumänischen Ukraine-Hilfen und auch der Transport von ukrainischem Getreide über Rumänien gestoppt. Nicht nur in Kiew und in Brüssel verfolgt man daher die Stichwahl am Sonntag mit großer Sorge. Die USA haben vor „schwerwiegenden negativen Auswirkungen“ gewarnt, sollte sich das Land durch die Wahl Georgescus vom Westen abwenden.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt