Aggressive Patienten

Alarmierend: 7 von 10 Ärzten Opfer von Gewalt

Wien
05.12.2024 18:47

Die Ärztekammer Wien zieht eine erschütternde Bilanz: Die Mehrheit der Wiener Ärzte in Ordinationen und Spitälern wurde in den vergangenen zwei Jahren Opfer von Gewalt. 37 Prozent von ihnen sind regelmäßig betroffen. 

Es sind erschreckende Zahlen, die die Wiener Ärztekammer jetzt präsentierte. „Rund 70 Prozent der Ärztinnen und Ärzte haben Gewalt am Arbeitsplatz erlebt. Das ist ein erschütternder Befund“, sagt Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer Wien. Eine aktuelle Umfrage unter 1102 Medizinerinnen und Medizinern zeigt, dass 55 Prozent verbale Gewalt erfahren haben, 24 Prozent psychische Gewalt und 16 Prozent körperliche Angriffe. „Man glaubt es kaum, aber 37 Prozent berichten von regelmäßigen Vorfällen“, fügt er hinzu.

Die Zahlen belegen: Gewalt ist im Alltag der Medizin angekommen. Meinungsforscher Peter Hajek: „Dass nur ein Drittel der Mediziner angibt, in den letzten zwei Jahren keine Gewalt erlebt zu haben, hat uns schockiert.“

Aggressionen steigen 
Die Tatorte sind vielfältig. Am häufigsten betroffen sind Ambulanzen und Spitäler. Doch auch in Kassenordinationen und per E-Mail oder Social Media eskaliert die Lage. Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Ärztekammer, schildert: „Ich habe Morddrohungen per E-Mail erhalten. Einmal stand eine Dame bei mir in der Ordination und meinte: ,Bald gibt’s a Hausärztin weniger.‘ Die Polizei winkt oft ab, wenn keine direkte Gefahr besteht.“

Die Kurienchefinnen Haninger-Vacariu (li.) und Kamaleyan- Schmied schlagen Alarm. (Bild: Stefan Seelig)
Die Kurienchefinnen Haninger-Vacariu (li.) und Kamaleyan- Schmied schlagen Alarm.

Manche kehren Beruf den Rücken
Für viele Mediziner ist die Belastung kaum zu bewältigen. „Wir werden erpresst, beleidigt und gedemütigt – online und offline. Die Erwartungshaltung der Patienten ist explodiert“, so Kamaleyan-Schmied. Der niedergelassene Bereich ist besonders betroffen, da er oft keinen physischen Schutz wie Portiere oder Sicherheitsvorkehrungen hat.

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe)

Wohin kann das führen?

Radikale Impfgegner hatten 2022 die Allgemeinmedizinerin Lisa-Maria Kellermayr aus Oberösterreich während der Pandemie derart massiv beschimpft und sogar mit dem Tod bedroht, dass sie sich am Ende das Leben nahm.

Lange Wartezeiten als Hauptgrund für Ausraster
Vor allem Spitalsärzte berichten von Gewalterfahrungen (60 Prozent), aber auch in den Ordinationen (30 Prozent) kommt es immer wieder zu Vorfällen. Stärker von Gewalt betroffen sind Unter-40-Jährige, angestellte Mediziner und im Wiener Gesundheitsverbund Beschäftigte, erläuterte Hajek.

Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer leidet bereits unter psychischer Unsicherheit (55 Prozent). 68 Prozent wünschen sich zusätzliche Maßnahmen gegen Gewalt am Arbeitsplatz. 

70 Prozent

der Wiener Ärztinnen und Ärzte in Ordinationen oder Spitälern haben in den vergangenen zwei Jahren bereits Gewalt in unterschiedlicher Form und Intensität erlebt. 

Psychische Belastung enorm
Psychische Belastungen gehören zu den Folgen. Mehr als die Hälfte der Betroffenen leidet unter Unsicherheiten und Angst. „Man fühlt sich ausgeliefert und allein“, so Vizepräsidentin Natalja Haninger-Vacariu. Sie betont: „Jeder Angriff ist einer zu viel. Dass wir uns im Gesundheitswesen vor Übergriffen fürchten müssen, ist nicht hinnehmbar.“

Es brauche jetzt Deeskalationstrainings und mehr Geld für Personal und Ärzte. Hier sei vor allem die Politik gefordert. Österreichweit werden mindestens 1000 zusätzliche Kassenplanstellen gefordert, um Wartezeiten zu verkürzen – auch in Spitälern, zur Reduktion der Dauer bis zu einer Operation. Die Politik müsse Maßnahmen erarbeiten, die ein gewaltfreies Arbeiten sicherstellen, und Gesundheitseinrichtungen bräuchten besonderen Schutz durch die Exekutive, hieß es weiter.

Manche Bezirke besonders betroffen
Und wer sind die Täter? In knapp 80 Prozent der Fälle sind es die Patienten, die zu Tätern werden. 60 Prozent berichten von Übergriffen von Angehörigen. Und gibt es Informationen zu deren Biografie? „Das wurde nicht abgefragt.“ Nur so viel: Ärzte in den Bezirken Favoriten, Simmering und Meidling sind statistisch besonders oft betroffen.

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