Von der Natur lernen

Vernetzt und flexibel: Der widerstandsfähige Wald

Vorarlberg
09.12.2024 06:05

In einer zunehmend unsicheren Welt können wir vom Wald lernen, wie wichtig Vielfalt, Kooperation, und Anpassungsfähigkeit sind, um widerstandsfähig zu bleiben.

Resilienz bezeichnet die physische Widerstandskraft beziehungsweise die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Was aber hat der Wald mit dem Thema Resilienz zu tun? Viel, wenn es nach Karin Müller-Vogel und Alexandra Kolbitsch geht. Die systemisch ausgebildete Waldpädagogin und die Erziehungswissenschaftlerin bringen Menschen in ihren Workshops das Thema näher. Dabei wird der Bregenzer Stadtwald erkundet. Das Programm richtet sich an alle, die ein entsprechendes Interesse haben, Schwerpunkte können nach Absprache auf die jeweilige Gruppe zugeschnitten werden. „Der Wald bietet wertvolle Lektionen in Sachen Resilienz, die sowohl auf ökologische als auch auf gesellschaftliche und individuelle Kontexte übertragbar sind“, sagt Müller-Vögel.

Vielfalt ist der Schlüssel zur Resilienz
Konkret geht es darum, mithilfe der Expertinnen von der Natur Impulse zur Stärkung der eigenen Widerstandskraft zu erhalten – und zwar mit Blick auf die vielseitigen Lebens- und Überlebensstrategien im Waldökosystem. „Gleichzeitig lernen die Teilnehmer im Rahmen einer Standortbestimmung die acht Resilienzfaktoren kennen und gehen in vertiefende Übungen und Reflexion, um das Erlernte umzusetzen und so in ihren Alltag zu übertragen“, führt Kolbitsch aus.

Ein Wald ist stetigen Veränderungen unterworfen. (Bild: Bergauer Rubina)
Ein Wald ist stetigen Veränderungen unterworfen.

Der Wald ist tatsächlich ein beeindruckendes Beispiel in Sachen Resilienz – die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen und trotz Störungen zu bestehen. Wälder erleben Unwetter, Dürren, Schädlingsbefall oder Brände, doch sie haben Strategien entwickelt, um sich zu regenerieren und stabil zu bleiben. „Ein zentrales Element dieser Widerstandskraft ist die Vielfalt“, erklärt Müller-Vögel. Unterschiedliche Baumarten, Pflanzen und Tiere schaffen ein komplexes Netzwerk: So tauschen Bäume etwa Nährstoffe und Informationen über Mykorrhiza-Pilze aus. Tiere helfen bei der Bestäubung und der Verbreitung von Samen, indem sie Nektar oder Früchte als Nahrung zu sich nehmen. Und fällt ein großer Baum einem Unwetter oder einer Krankheit zum Opfer, dann rücken andere Pflanzen nach, die bislang in dessen Schatten ausgeharrt haben.

Dieses Prinzip lässt sich direkt auf menschliche Systeme übertragen, wie Kolbitsch erläutert: „Je diverser ein Team, eine Organisation oder eine Gesellschaft ist, desto besser kann mit Herausforderungen umgegangen werden. Dank der Vielfalt ist mehr Potenzial vorhanden, mit einer Krise umzugehen, als wenn man alleine kämpft. Ein gutes Beziehungsnetzwerk stärkt auch die eigene Widerstandskraft.“ Oder in einem ökologischen Zusammenhang gedacht: Eine Monokultur fällt eher einer Schädlingsplage zum Opfer und verkraftet die Folgen des Klimawandels weniger gut als ein bunter Mischwald.

 Auch in Sachen Regeneration kann der Mensch vom Ökosystem Wald lernen. „Nach einer Störung regeneriert sich der Wald auf eine Weise, die sich an die veränderten Bedingungen anpasst. Indem sich beispielsweise zunächst Pionierpflanzen ansiedeln, bereiten sie den Boden für größere Bäume, die nachwachsen“, weiß Müller-Vogel. Krisen sind also nicht zwangsläufig Endpunkte, sondern durchaus auch Chancen für einen Neubeginn.

Was in der Waldschule gelehrt wird

  • Kennenlernen der acht Resilienzfaktoren.
  • Identifizieren der persönlichen Stärken und Ressourcen und die Übersetzungsarbeit in den (Arbeits-)Alltag.
  • Kennenlernen des Waldes als persönliche Ressource und Energietankstelle.

Trainerinnen: Alexandra Kolbitsch (Entspannungs- und Resilienztrainerin) und Karin Müller-Vögel (systemisch ausgebildete Waldpädagogin) www.waldschule-bodensee.at

Pausen einlegen als wichtiges Ventil
Anstatt starre Strukturen beizubehalten, sollte man lernen, Veränderungen zu akzeptieren und Lösungen zu entwickeln, um sich den Gegebenheiten anzupassen. „Entscheidend ist auch, Hilfe anzunehmen, wenn diese benötigt wird, sowie Hilfe anzubieten, wenn es möglich ist“, meint Kolbitsch. Beide Expertinnen heben zudem die Kunst der kleinen Pausen hervor. Diese kurzen Auszeiten können Wunder für das Wohlbefinden, die Produktivität sowie unsere Kreativität bewirken. Die Kunst liege darin, sie bewusst und regelmäßig in den Alltag zu integrieren. Denn ohne sie steige das Risiko von Stress und langfristiger Erschöpfung. Regelmäßige Auszeiten wirken hingegen wie ein Sicherheitsventil, das die Anspannung abbaut, bevor sich diese negativ auf die Gesundheit auswirkt. „Pausen schaffen zudem Momente der Achtsamkeit, die uns helfen, in uns zu gehen, und uns Raum geben, zu reflektieren und zu planen“, sagt Müller-Vögel. Schließlich lege auch die Natur Pausen ein – vor allem jetzt im Winter.

Der Wald zeigt also, dass Resilienz nicht das Fehlen von Störungen bedeutet, sondern die Fähigkeit, auf sie zu reagieren, sich anzupassen und gestärkt daraus hervorzugehen.

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