"Bananenrepublik"

Elsner wütet gegen Justiz: Freispruch für Flöttl “ein Witz”

Wirtschaft
16.05.2013 15:46
Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner ist erzürnt über den Freispruch für den Spekulanten Wolfgang Flöttl, der am Mittwoch rechtskräftig geworden ist. "Es ist ein Witz, dass er im zweiten Verfahren freigesprochen wird, nachdem er im ersten ein Geständnis abgelegt hat", sagte der 78-Jährige am Donnerstag. Elsner selbst war im ersten BAWAG-Prozess wegen schwerer Untreue zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt worden.

Dass die Staatsanwaltschaft trotz eines Geständnisses von Flöttl den Freispruch nicht mehr bekämpft, ist für Elsner "sehr verwunderlich". Die Entwicklung zeige ein "merkwürdiges Bild der österreichischen Justiz: fast wie eine Bananenrepublik. Die ganze Geschichte ist eine Farce", so der ehemalige Generaldirektor der BAWAG im Gespräch mit der Austria Presse Agentur.

Elsner bezieht sich auf ein Geständnis von Flöttl im ersten Prozess: Dieser hatte sich damals des Beitrags zur Untreue bei einem Kredit über 90 Millionen Dollar (etwa 70 Millionen Euro) schuldig bekannt. Er habe nach den ersten großen Spekulationsverlusten 1998 den Kredit von der BAWAG angenommen, obwohl es unwahrscheinlich war, dass er ihn zurückzahlen konnte, so der Spekulant damals. Flöttl zahlte das Geld tatsächlich nicht zurück. Auch deswegen war er im ersten Prozess wegen schwerer Untreue verurteilt worden und erhielt eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren, davon zehn Monate unbedingt.

Das Urteil wurde vom Obersten Gerichtshof wegen Mängeln gekippt, das Verfahren wiederholt. Im zweiten Prozess wurde Flöttl dann freigesprochen - was Elsner auf die Palme bringt. Er zeigt sich nicht nur von der Staatsanwaltschaft, sondern auch vom Richter des zweiten Verfahrens, Christian Böhm, enttäuscht. Dieser hatte schon als Haftrichter Elsners Haft stets verlängert und Flöttl für glaubwürdig gehalten: "Ich habe mir von Böhm nichts anderes erwartet als einen Freispruch für Flöttl", so Elsner.

Elsner will Wiederaufnahme des Verfahrens
Obwohl der BAWAG-Prozess für die Justiz nun offiziell zu Ende ist, will Elsner die Vergangenheit noch lange nicht ruhen lassen. Er werde mit einem Wiederaufnahmeantrag gegen seine Verurteilung kämpfen, kündigt er an.

"Der Vorwurf der Untreue gegen mich geht ins Leere", erklärt Elsner, denn: "Das Urteil gegen mich beruht darauf, dass Flöttl behauptet hat, ich hätte ihn zu riskanten Spekulationen veranlasst - nun kann ich nachweisen, dass Flöttl nicht spekuliert hat, sondern er hat das Geld eingesteckt. Er hat betrogen und bestohlen, das war ein Raubzug auf das BAWAG-Geld."

Flöttls Entlastungsdokumente "wertlose Zetteln"
Flöttl wies diesen Vorwurf immer zurück und legte entsprechende Unterlagen vor - "wertlose Zetteln von Handelstätigkeiten auf Sammelkonten", sagt Elsner. Es gebe viele Dokumente, die nicht zur Sprache gekommen seien. Auch die schon 2009 erfolgte rechtskräftige Verurteilung des früheren BAWAG-Finanzleiters Thomas Hackl in den USA, der bei der Bank mit den Flöttl-Geschäften befasst war, sei erst jetzt bekannt geworden.

Ein weiterer Beweis für seine Vorwürfe ist für Elsner der Lebensstil von Flöttl: "Er hat ja mehrmals erklärt, er ist pleite - also wovon lebt er? Es gibt Charity-Veranstaltungen, Luxusurlaube, das ist ja ohnehin bekannt - diese Widersprüche scheinen der österreichischen Strafjustiz egal zu sein." Den Verbleib der angeblich verspekulierten 1,4 Milliarden Euro wollen die Ermittler gar nicht untersuchen, beklagt sich Elsner. "Es interessiert offenbar niemanden, wo das Geld hingekommen ist, die BAWAG nicht, den ÖGB nicht, die Justiz nicht - nur die Öffentlichkeit."

Verdacht auf Verstrickungen von Rot und Schwarz
Elsner wiederholt weiters seinen bereits mehrfach geäußerten Verdacht, wonach die derzeitigen Koalitionsparteien in Flöttls Geschäfte verstrickt gewesen sein könnten: "Ich glaube, dass er 2006 umfangreiche Wahlkampfspenden an die SPÖ, vielleicht auch an die ÖVP gegeben hat. Aber das wird nicht untersucht." Die Betroffenen hatten frühere Anschuldigungen heftig dementiert. Er werde weiter an der Aufdeckung arbeiten, verspricht Elsner.

Im Zuge seines Kampfes um "Aufklärung" war Elsner bisher unter anderem gegen den Ex-BAWAG-Chef und jetzigen Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny sowie den früheren ÖGB-Chef, Sozialminister Rudolf Hundstorfer, vor Gericht gezogen. "Gegen Flöttl habe ich noch nicht geklagt - aber das kann noch kommen", sagt Elsner. "Wir haben uns die Ausweitung gegen andere Personen vorbehalten."

Von seinen möglichen weiteren rechtlichen Schritten erhofft sich Elsner neue Informationen über den in New York lebenden Flöttl: "In den USA wird man schon sehen, wer da alles auf der Gehaltsliste vom Flöttl war."

Elsner droht neue Bypass-Operation
Dass er selbst im zweiten Verfahren nie vor Gericht erschienen ist, wo er seinen Standpunkt darlegen hätte können, sei kein "taktisches Verhalten" gewesen. Er sei vielmehr aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage gewesen. Derzeit befinde er sich in Behandlung in Bad Reichenhall in Deutschland und sei nicht verhandlungsfähig, was auch ein deutsches Gericht festgestellt habe.

Wahrscheinlich müsse er eine neue Bypass-Operation durchführen lassen, weil seine Bypässe verstopft seien. Seine gesundheitlichen Probleme würden auch seine Bemühungen um Aufklärung behindern, bedauert er. "Ich kümmere mich um die Aufdeckung, seit ich 2011 aus der Haft gekommen bin." Elsner war nach viereinhalb Jahren Haft 2011 für haftunfähig erklärt worden.

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