Die 24-jährige Herrschaft des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ist am 8. Dezember zu Ende gegangen. Am Sonntag erklärten die syrischen Rebellen im Fernsehen, dass sie das Assad-Regime gestürzt hätten. Die ersten Reaktionen der Politikspitze weltweit lesen Sie hier.
Der – noch – amtierende US-Präsident Joe Biden teilte in einer kurzen Erklärung mit: „Präsident Biden und sein Team beobachten die außergewöhnlichen Ereignisse in Syrien aufmerksam und bleiben in ständigem Kontakt mit regionalen Partnern.“
Trump rief Putin auf, Krieg zu beenden
Sein Nachfolger Donald Trump verknüpfte seine Botschaft an das syrische Volk mit einem Aufruf an Wladimir Putin, den Krieg in der Ukraine zu beenden (siehe Posting unten).
„Assad ist weg. Er ist aus seinem Land geflohen. Sein Beschützer Russland, angeführt von Wladimir Putin, war nicht länger daran interessiert, ihn zu beschützen“, postete Trump auf seiner Plattform TruthSocial.
„Russland und der Iran sind derzeit in einem geschwächten Zustand, der eine wegen der Ukraine und einer schlechten Wirtschaft, der andere wegen Israel und seinem Kampferfolg.“ Trump rief zugleich den russischen Präsidenten Putin auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden. „Ich kenne Wladimir gut. Jetzt ist seine Zeit zum Handeln gekommen. China kann helfen. Die Welt wartet!“
Baerbock: „Assad zur Verantwortung ziehen“
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock: „Man kann nicht genau sagen, was jetzt in Syrien passiert. Aber klar ist: Das Ende Assads bedeutet für Millionen von Menschen in Syrien ein erstes großes Aufatmen nach einer Ewigkeit der Gräuel des Assad-Regimes. Mehrere hunderttausend Syrer sind im Bürgerkrieg getötet worden, Millionen geflüchtet. Assad hat gemordet, gefoltert, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Dafür gehört er endlich zur Verantwortung gezogen.“
Die Menschen in Syrien würden „eine bessere Zukunft“ verdienen. „Sie haben Furchtbares durchgemacht. Eine ganze Generation ist, bedroht von ständiger Vertreibung, in Krieg, Not und humanitärer Unterversorgung aufgewachsen.“
Scholz: Sturz Assads ist „gute Nachricht“
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den Sturz Assads als „gute Nachricht“. Assad habe sein eigenes Volk „auf brutale Weise unterdrückt, unzählige Leben auf dem Gewissen und zahlreiche Menschen zur Flucht aus Syrien getrieben, viele kamen auch nach Deutschland“, teilte Scholz mit.
Jetzt komme es darauf an, dass in Syrien schnell Recht und Ordnung wieder hergestellt würden. Alle Religionsgemeinschaften und alle Minderheiten müssten Schutz genießen, fügte der SPD-Politiker hinzu. Man werde die zukünftig Regierenden daran messen. Auch die „bösartige Einmischung Dritter“ müsse enden, erklärte er in Anspielung etwa auf die Rolle des Iran.
Tajani rief „Krisensitzung im Außenministerium ein“
Italiens Außenminister Antonio Tajani schrieb auf X: „Ich verfolge die Entwicklung der Lage in Syrien mit Sorge. Ich stehe in ständigem Kontakt mit unserer Botschaft in Damaskus und mit dem Büro der Ministerpräsidentin. Ich habe um 10:30 Uhr eine Krisensitzung im Außenministerium einberufen.“ Italien hat derzeit den G7-Vorsitz inne.
Pedersen: „Wendepunkt in der Geschichte“
Der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, fordert alle Syrer dazu auf, dem Dialog und der Einheit Vorrang zu geben und beim Aufbau ihrer neuen Gesellschaftsordnung das internationale Völkerrecht und die Menschenrechte zu respektieren. Er stehe bereit, das syrische Volk bei seiner Reise zu einer stabilen und alle umfassenden Zukunft zu unterstützen.
Der 8. Dezember „sei ein Wendepunkt in der Geschichte Syriens – einer Nation, die fast 14 Jahre unerbittliches Leid und unbeschreibliche Verluste ertragen musste. Dieses dunkle Kapitel hat tiefe Narben hinterlassen, aber heute blicken wir mit vorsichtiger Hoffnung auf den Beginn eines neuen Kapitels – eines Kapitels des Friedens, der Versöhnung, der Würde und der Integration aller Syrer.“
UNO-Nothilfekoordinator: „Noch mehr Menschen in Gefahr“
UNO-Nothilfekoordinator Tom Fletcher gab bekannt: „Die Ereignisse in Syrien entwickeln sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit. Mehr als ein Jahrzehnt des Konflikts hat Millionen von Menschen vertrieben. Jetzt sind noch viel mehr in Gefahr. Wir werden überall, jederzeit und auf jede erdenkliche Weise reagieren, um Menschen in Not zu unterstützen, einschließlich Aufnahmezentren – Nahrung, Wasser, Treibstoff, Zelte, Decken.“
Syrisches Außenministerium sieht plötzlich „neues Kapitel“
Ohne ein Wort zum geflohenen Machthaber Assad kommentierte indes auch Syriens Außenministerium die Entwicklungen im Land. „Heute wird ein neues Kapitel in der Geschichte Syriens geschrieben“, teilte das Ministerium in sozialen Medien mit. In der Mitteilung war von einem „nationalen Eid“ die Rede und einem „Pakt, der alle Syrer vereint“. Syrische Botschaften im Ausland würden Landsleute weiterhin betreuen.
In der Mitteilung des Ministeriums gab es keinerlei Angaben zum Verbleib von Präsident Assad, der Syrien nach Angaben aus Russland verlassen hat.
Russland besorgt über Ereignisse in Syrien
Auch das Außenministerium in Moskau machte keine Angaben zu Assads Aufenthaltsort. Russland habe nicht an den Gesprächen rund um Assads Abgang teilgenommen, hieß es weiter.
Die Regierung in Moskau sei äußerst besorgt über die Ereignisse in Syrien und rufe alle Seiten auf, von Gewalt abzusehen und alle Regierungsfragen mit politischen Mitteln zu lösen, hieß es. Russland stehe in Kontakt mit allen Gruppen der syrischen Opposition. Zudem hieß es, Russlands Militärstützpunkte in Syrien seien in Alarmbereitschaft versetzt worden, aber derzeit bestehe keine ernsthafte Bedrohung für sie.
Macron: „Zolle syrischem Volk meinen Respekt“
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte zum Ende des Assad-Regimes, der barbarische Staat sei endlich gefallen. Frankreich werde sich weiter für die Sicherheit aller im Nahen Osten einsetzen.
„Ich zolle dem syrischen Volk meinen Respekt, zu seinem Mut und seiner Geduld. In diesem Moment der Unsicherheit wünsche ich ihm Frieden, Freiheit und Einheit“, schrieb Macron in einem Beitrag auf der Online-Plattform X.
Rayner will, dass „Interessen des syrischen Volks“ gewahrt werden
„Diktatur und Terrorismus schaffen Probleme für die Menschen in Syrien, die schon so viel durchgemacht haben, und destabilisieren auch die Region. Deshalb brauchen wir eine politische Lösung, bei der die Regierung im Interesse des syrischen Volkes handelt. Das ist es, was wir sehen wollen. Das ist die Art von Demokratie, die unserer Meinung nach für die Welt richtig ist, und das ist hoffentlich das, was das syrische Volk bekommen wird“, erklärte die stellvertretende britische Premierministerin Angela Rayner in einem Statement.
Und weiter: „Wenn Assad weg ist, ist das eine willkommene Veränderung, aber was als Nächstes kommt, muss eine politische Lösung sein, und sie müssen im Interesse des syrischen Volkes arbeiten.“
Iran warnt vor Einmischung aus dem Ausland
Das iranische Außenministerium warnte vor einer Einmischung aus dem Ausland in Syrien. Das Schicksal Syriens liege in der alleinigen Verantwortung des syrischen Volkes, teilte das Ministerium in Teheran mit. In den vergangenen Jahren hatte der Iran das nun gestürzte Assad-Regime in Syrien auch militärisch mit Soldaten und Waffen unterstützt.
Netanyahu spricht von „historischem Tag“
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach von einem „historischen Tag in der Geschichte des Nahen Ostens“. Bei einem Besuch auf den besetzten Golanhöhen sagte Netanyahu: „Das Assad-Regime ist ein zentraler Teil der iranischen Achse des Bösen – dieses Regime ist gestürzt.“ Assads Sturz sei ein „direktes Ergebnis der Schläge, die wir dem Iran und der Hisbollah versetzt haben“. Dies habe eine „Kettenreaktion“ im Nahen Osten ausgelöst. Nun gebe es „wichtige Gelegenheiten“ für Israel, es drohten aber auch Gefahren.
„Wir werden es keiner feindlichen Kraft erlauben, sich an unserer Grenze zu positionieren“, sagte Netanyahu. Gleichzeitig betonte er, Israel sei an einer „guten Nachbarschaft“ mit Syrien interessiert. Er erinnerte dabei an die Behandlung zahlreicher syrischer Kriegsverletzter in israelischen Krankenhäusern. Man biete all jenen die Hand an, die an Frieden mit Israel interessiert seien.
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