Der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat auch unmittelbare Auswirkungen auf Österreich. Wie die „Krone“ vorab erfuhr, werden sämtliche laufenden Asylverfahren von Syrern gestoppt und die Situation neu bewertet. Die Maßnahme ist inzwischen bestätigt.
Während der ehemalige Diktator Assad sich nach Russland geflüchtet hat, wo man ihm Asyl aus humanitären Gründen gewährte, will man seinen Landsleuten dieses Recht in Österreich vorerst nicht mehr gewähren.
Kanzler-Auftrag an Innenminister
Bis auf Weiteres würden alle Asylverfahren für syrische Staatsangehörige auf Eis gelegt, hieß es vorerst aus Regierungskreisen. Am frühen Nachmittag dann die Bestätigung: Bundeskanzler Karl Nehammer habe Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) damit beauftragt, alle laufenden syrischen Asylanträge auszusetzen bzw. alle Asylgewährungen zu überprüfen.
12.500 Syrer haben allein heuer bei uns um Asyl angesucht – mehrere Tausend Verfahren dürften derzeit am Laufen sein. In Österreich leben derzeit über 100.000 Syrer.
Die Politik wittert nun eine Chance. Das Außenministerium hatte angesichts des Machtwechsels in Syrien bereits einen „geordneten und friedlichen Übergangsprozess hin zu einer stabilen und inklusiven politischen Ordnung“ gefordert. Die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz von ethnischen und religiösen Minderheiten seien aber oberste Prämisse.
Rufe nach einer Rückkehr Zehntausender Geflüchteter in Österreich wurden rasch aus der FPÖ laut: Mit Assads Sturz sei der Asylgrund weggefallen, meinte Parteichef Herbert Kickl am Sonntag. Auch die neue Führung des Landes selbst hatte bereits alle Syrer zur Rückkehr aufgerufen.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan – die Türkei beherbergt Millionen von Syrern – richtete sich mit folgenden Worten an die Geflüchteten: Es sei nun an der Zeit, „sich zu vereinen und das Land wiederaufzubauen“.
Politikwissenschaftlerin Petra Ramsauer kommentierte den Satz „Ich bin keine syrische Geflüchtete mehr, sondern nur noch Syrerin“ einer Menschenrechtsaktivistin auf X mit einem Herz:
„Historischer Wendepunkt“ möglich
Auch heimische Experten sehen zum Teil tatsächlich eine Chance auf Entspannung in der Region: „Mittelfristig – sollte Stabilität hergestellt werden – könnte das für die gesamte Flüchtlingssituation, auch in Europa, ein historischer Wendepunkt sein“, wird etwa Migrationsforscher Gerald Knaus aktuell im „Stern“ zitiert. „Syrische Flüchtlinge in den Nachbarländern haben sofort die Chance zu sehen, ob es in ihrer Heimat wieder sicher ist. Ist das so, werden auch Asylanträge in Deutschland und anderen europäischen Ländern zurückgehen“, sagt Knaus.
Ich würde jedem raten, erst einmal abzuwarten, wie sich die Lage in den kommenden Wochen entwickelt.
Thomas Schmidinger, Nahost-Experte
Bild: Universität Wien
„Ich würde jedem raten, erst einmal abzuwarten, wie sich die Lage in den kommenden Wochen entwickelt“, bremste Nahost-Experte Thomas Schmidinger allerdings bereits die Erwartungen vieler. Es sei „naiv“, davon auszugehen, dass sich Syrien in kurzer Zeit zu einem moderaten und stabilen System entwickelt.
Auch Deutschland legt Asylanträge auf Eis
Deutschland hat inzwischen jedenfalls auch angekündigt, Asylanträge von syrischen Staatsbürgern vorerst auf Eis zu legen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge handelt es sich bei unseren deutschen Nachbarn um mehr als 47.000 Anträge.
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