Freispruch für Steirer

Schutzgeld-Erpresser oder betrunkener Angeber?

Steiermark
09.12.2024 18:45

Die Anklage klingt wild: Schutzgeld-Erpressung in einem Nachtclub, eine berüchtigte Motorradgang und Türsteher in Angst. Doch irgendwie entspricht der Angeklagte so gar nicht dem Bild, das man sich erwartet. 

Dass Motorradgangs Schutzgeld erpressen, ist ja hinlänglich bekannt. Und man hat irgendwie auch eine Vorstellung, wie so ein Erpresser aussieht. Muskulös, tätowiert, vielleicht glatzköpfig. Der 29-jährige Steirer, der am Montag in Graz vor dem Schöffengericht Platz nimmt, ist das alles nicht.

Er ist eher unscheinbar, geschieden, wohnt bei seinen Eltern, arbeitet bei Papa in der Firma und hat 50.000 Euro Schulden, weil er unbedingt einen Range Rover haben wollte. „Ich zahle keine Miete, da dachte ich, denn gönn' ich mir“, erklärt er Richterin Catherine Farmer.

Das Bordell, um das es geht, ist quasi wie sein zweites Zuhause. „Seit Corona. Weil es der einzige Ort war, wo wir Alkohol bekamen. Das war im ganzen Bezirk bekannt“, schildert er. Sex hätte er dort aber noch nie gehabt.

4000 Euro oder das Bordell brennt
Warum ihm der Nachtclub-Chef plötzlich im Vorjahr Schutzgeld-Erpressung vorwarf, könne er sich nicht erklären. „Der Angeklagte hatte finanzielle Probleme und wollte sich durch die gefährliche Drohung Geld beschaffen“, ist Staatsanwältin Ines Eichwalder überzeugt. Er drohte damit, dass eine berüchtigte Motorradgang kommen und den Nachtclub abfackeln werde, sollten nicht 4000 Euro gezahlt werden.

 „Haben Sie im betrunkenen Zustand vielleicht ein bisschen angeben wollen?“, fragt die Richterin. Immerhin soll der Angeklagte laut Verteidiger, wenn er trinkt, schon mal laut werden und herumschimpfen. „Nein, sicher nicht, das traue ich mich zu schwören, dass ich das nicht getan haben.“ Vor Jahren hätte er mal mit anderen Gästen über diese Motorradgang gesprochen, weil die wie seine Eltern aus Bosnien sei. „Aber ich kenne die auch nur vom Namen. Das haben sie dann wohl gegen mich verwendet.“

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Wollten Sie im betrunkenen Zustand vielleicht nur ein bisschen angeben?

Leichter Stups der Richterin für ein mögliches Geständnis

„Wurde in Hinterzimmer gelockt“
Einmal hätte ihn der Besitzer auch in ein Hinterzimmer gelockt, wo ihm seine Sachen abgenommen wurden und ein Tschetschene oder ein Afghane („Irgendein dunkler Typ“) mit einem Messer vor seiner Nase herumspielte. „Ich soll nicht diesen Schutzgeld-Blödsinn herumerzählen, sagten sie. Aber ich erklärte ja, dass ich das nicht gemacht habe.“

„Wie kommt es dann zu dem Schutzgeld-Zeug? Ihre Erklärungen sind nicht unbedingt nachvollziehbar?“, wundert sich die Richterin nicht nur einmal in dem Prozess.  „Eine komische Geschichte, ich weiß“, zuckt der Angeklagte die Schultern. „Vielleicht haben sie geglaubt, ich will Prostituierte abwerben, weil mir eine einmal ihren Facebook-Account gegeben hat.“ – „Abwerben?“, fragt die Richterin. „Er meint da herausholen, zu Hilfe kommen“, wirft der Verteidiger ein.

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Suchtgiftfahnder wollten mich als Spitzel im Bordell anwerben. 

Der Angeklagte

„Spitzel im Bordell – zu gefährlich“
Noch abstruser wird es, als der 29-Jährige von einer Begegnung mit erhabenen Kriminalisten berichtet, die ihn als Spitzel im Bordell anheuern wollten, weil man hinter dem Nachtklub-Chef her sei. „Sie sagten auch, sie würden wissen, dass ich nichts getan habe. Aber das war mir alles zu gefährlich.“ Und weil er nicht mit den Suchtgiftfahndern zusammenarbeiten wollte, sei das jetzt hier vor Gericht herausgekommen, lässt der Verteidiger den versteckten Vorwurf im Raum hängen.

Der Auftritt einer Prostituierten und Lebensgefährtin des Bordell-Besitzers bringt dann auch nicht viel Licht ins Dunkel. Sie will dem Angeklagten 500 Euro gezahlt haben, nachdem er ihr aufs WC gefolgt war und sie bedroht hätte. „Ich hatte wirklich Angst.“ Auch Lokalverbote soll der Angeklagte schon gehabt haben, weil er und seine Freunde öfter Zahlungsschwierigkeiten hatten. „Und eben nach der Sache mit dem Schutzgeld.“ Deshalb hätte er auch einen Türsteher bedroht („Ich brech‘ dir das Gesicht“), als der ihn nicht in den Nachtclub ließ.

Sehr verworren, diese ganze Geschichte – was am Ende der Verhandlung zu einem Freispruch im Zweifel führte (nicht rechtskräftig). 

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