Der Anteil Erwachsener in Österreich, der Probleme beim Lesen und Verstehen selbst einfacher Texte und bei leichten mathematischen Aufgaben hat, ist innerhalb eines Jahrzehnts massiv gestiegen.
Zwischen 2012 und 2023 hat sich unter den 16- bis 65-Jährigen die Gruppe mit Problemen beim Lesen fast verdoppelt und liegt bei 29 Prozent, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) der OECD hervorgeht. Im Vergleich zu den anderen 30 Ländern, die diesmal am „Erwachsenen-PISA“ teilgenommen haben, landet Österreich beim Lesen signifikant unter dem OECD-Schnitt (254 gegenüber 260 Punkte). 29 Prozent der Befragten konnten maximal einfachste Leseaufgaben auf Kompetenzstufe 1 oder darunter lösen (OECD-Schnitt: 26).
Funktionale Analphabeten scheitern an Volksschulbeispielen
Menschen, die maximal Aufgaben auf Kompetenzstufe 1 lösen können, seien im Grunde funktionale Analphabeten, erklärte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher bei einem Online-Pressegespräch. Sie scheitern selbst an Aufgaben, die ein Kind am Ende der Volksschule bewältigen können sollte.
Im österreichischen Bildungssystem sieht Schleicher angesichts der Entwicklung der Lesekompetenz Handlungsbedarf. „Da gibt es einen tatsächlichen Leistungsabfall von Menschen mit niedrigem Bildungsgrad.“ Das Leistungsniveau derer, die keinen Abschluss der Sekundarstufe 2 haben (AHS, BMHS, Berufsschule, Polytechnische Schule), sei „deutlich gefallen“.
Die massive Zuwanderung hatte zwar zum Teil negative Auswirkungen auf Alphabetisierung der Bevölkerung in Österreich, fielen diese gering aus. „Da kommen wir auf vier, fünf Punkte“, so Schleicher. Außerdem würden die Ergebnisse zeigen, dass es bei Migranten der zweiten Generation im Lesen kaum Unterschiede zu Getesteten ohne Migrationshintergrund gibt (265 gegenüber 267 Punkte).
In Mathe und „adaptives Problemlösen“ über OECD-Schnitt
Relativ stabil blieben die Mathe-Ergebnisse im Vergleich zu 2012, aber auch hier sieht Schleicher „eine wachsende Diskrepanz zwischen dem, was Menschen können und dem, was sie können sollten“. Dennoch landete man mit 267 Punkten signifikant über dem OECD-Schnitt von 263. Ebenfalls über dem Schnitt der Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lagen die Ergebnisse beim sogenannten adaptiven Problemlösen. Doch auch hier erreichte mehr als jeder Vierte (27 Prozent) bestenfalls Kompetenzstufe 1 und kann damit nur einfache Probleme mit wenigen Variablen lösen, die sich am Weg zur Lösung auch nicht verändern (OECD-Schnitt: 29).
Im Vergleich zu 2012 „noch einmal ungünstig entwickelt“ hat sich laut Schleicher der Zusammenhang zwischen den Leistungen und dem sozialen Hintergrund der Eltern der Testteilnehmer – und das selbst dann, wenn man Faktoren wie die ältere Bevölkerung (Ältere erreichen im Schnitt schlechtere Ergebnisse, Anm.) und Migration der vergangenen zehn Jahre berücksichtige.
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