Nach Sturz Assads
Sorge vor Chemiewaffen in Rebellenhänden
Seit dem Sturz des Assad-Regimes hat Israels Armee Hunderte Luftangriffe auf militärische Ziele in Syrien durchgeführt. Außenminister Gideon Saar umriss die Mission: „Wir wollen verhindern, dass strategische Waffen – darunter chemische Kampfstoffe und Langstreckenraketen – in die Hände von Extremisten gelangen, die Israel und die gesamte Region bedrohen könnten.“
Es könnten sich noch „große Mengen potenziell nicht deklarierter oder nicht verifizierter chemischer Kampfstoffe und chemischer Munition“ in Syrien befinden, hatte Fernando Arias, Generaldirektor der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), Ende November gewarnt und sich „ernsthaft besorgt“ gezeigt. Die syrischen Behörden lieferten kein vollständiges Bild: 19 der 26 Fragen, welche die Organisation seit 2014 stellte, ließ Damaskus unbeantwortet. „Ich denke, es ist ziemlich klar, dass immer noch irgendwo chemische Waffen lagern“, ist auch der Forscher Lennie Phillips vom Royal United Services Institute in London überzeugt.
Islamistengruppe HTS verspricht Sicherung der Waffen
Die OPCW nahm nach eigenen Angaben Kontakt zu den syrischen Behörden auf und wies sie auf die „herausragende Bedeutung“ der Sicherung der Waffen hin. Die Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), welche die Großoffensive gegen Machthaber Baschar al-Assad anführte und diesen schließlich stürzte, versprach, die Chemiewaffen vor dem Zugriff „verantwortungsloser Hände“ zu schützen.
„Wir werden nicht zulassen, dass Waffen, egal welcher Art, gegen Zivilisten eingesetzt werden oder zu einem Werkzeug für Rache oder Zerstörung werden“, sagte die Miliz laut der US-Organisation SITE, die Extremismus im Internet überwacht. Die Gruppe erklärte sich bereit, „mit der internationalen Gemeinschaft in allen Fragen der Überwachung von Waffen zusammenzuarbeiten“.
Assad hatte mehrfach Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Der verheerendste Angriff fand im August 2013 in Ghouta nahe Damaskus statt und wird der Assad-Regierung zugeschrieben. Dabei wurden nach Angaben des US-Geheimdienstes mehr als tausend Menschen getötet. 2014 richtete die OPCW eine Erkundungsmission ein. Die Ermittler untersuchten über 70 Fälle und kamen zum Schluss, dass in 20 Fällen chemische Waffen eingesetzt oder wahrscheinlich eingesetzt worden waren – am häufigsten Chlor, aber auch Sarin und Senfgas. Auch in den Jahren 2017 und 2018 griff Assads Armee auf chemische Kampfmittel zurück. Den Chemiewaffenangriff im September 2015 in der Stadt Marea schrieb ein OPCW-Untersuchungsteam der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat zu.
Syrien erklärte sich unter dem Druck Russlands und der USA bereit, der OPCW beizutreten und seine Giftgasbestände offenzulegen und zu übergeben. Im Jänner 2016 verkündete die Organisation die vollständige Beseitigung und Vernichtung von 1300 Tonnen chemischer Waffen, die von den Behörden gemeldet worden waren. Die späteren Angriffe zeigten aber, dass offenbar doch nicht alles zerstört worden war.
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