Die Bedrohung durch den politischen Islam ist real und erfordert laut Integrationsexperten Kenan Güngör im krone.tv Gespräch eine klare Abgrenzung zwischen Religion und Ideologie: „Was ich mir wünsche, ist eine viel stärkere Selbstreflexion innerhalb der türkischen Gemeinschaft“, sagt Güngör und fordert eine deutlichere Positionierung gegenüber den extremistischen Strömungen.
„Die türkische Community darf nicht alles tolerieren, was im Namen des Islams passiert“, so der Integrationsexperte. Eine klare Distanzierung von solchen Gruppen und Ideologien sei notwendig, um die gesellschaftliche Integration zu fördern und die Gefahren von Radikalisierung zu minimieren. Güngör kritisiert auch die Tendenz, den Islam als unfehlbar darzustellen. „Das Problem ist, dass die Veredelung des Islams oft nicht als Problem erkannt wird“, sagt er und verweist auf die wachsende Unterstützung für dschihadistische Gruppen.
„Wenn Dschihadisten, die Menschen umbringen, im Namen des Islams agieren, dann muss sich die muslimische Gemeinschaft fragen, ob das wirklich im Einklang mit den wahren Werten des Islams steht“, betont Güngör.
Neue Trends: Arabisierung und Türkisierung
Die muslimische Gemeinschaft in Österreich ist alles andere als homogen, betont Kenan Güngör. „So wie überall tobt der Bär - auch unter ihnen,“ erklärt der Experte. Verschiedene Strömungen und Konflikte prägen das Verhältnis der Gruppen, besonders seit dem starken Anstieg von Menschen mit muslimischem Hintergrund in den Jahren 2015 und 2016.
Ein spannender Trend sei dabei die gegenseitige Beeinflussung zwischen arabischen und türkischen Muslimen. „Wir sehen eine Arabisierung des türkischen Islams, weil die Türkeistämmigen die größte Gruppe hier im Land sind. Gleichzeitig beobachten wir eine Türkisierung des arabischen Islams, weil viele arabische Muslime noch keine eigenen Moscheen haben und in türkische Moscheen gehen.“
Diese Vermischung bringe auch neue Dynamiken mit sich: „Das ist interessant und da wird es irgendwann noch eine Ausdifferenzierung geben. Aber das beobachten wir auch in den Schulklassen, wie sich das dann vermengt,“ erklärt der Experte. Der Experte mahnt, dass eine klare Trennlinie zwischen privatem Glauben und politischer Ideologie gezogen werden muss. „Der Islam als Religion ist breit und vielfältig – der politische Islam jedoch ist ein Machtanspruch, der unsere Gesellschaften spalten kann.“
Islam ist nicht die Religion der Gewalt
Auf das häufig verbreitete Vorurteil, dass der Islam eine Religion der Gewalt, bezieht der Experte Stellung: „Wenn das wirklich so wäre, hätten wir bei 1,3 oder 1,4 Milliarden Muslimen eine ganz andere Welt“, sagt er und betont dass „Gott sei Dank“ der größte Teil der Muslime nicht in diese Richtung tendiert.
Gleichzeitig räumt er ein, dass es innerhalb des Islams problematische Strömungen gibt. Doch diese müssen differenziert betrachtet werden. „Wenn wir nicht präzise hinschauen, sind wir ein Teil des Problems und nicht ein Beitrag zur Lösung“, so Güngör abschließend.
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