Volkskundemuseum Graz

Der rote Faden führt zur deutschen Identität

Steiermark
12.12.2024 16:00

Das Volkskundemuseum in der Grazer Paulustorgasse zeigt in seinem neuen Kreuzstichkabinett ein spannendes Stück Kulturgeschichte. „Faden nach Zahlen“ folgt den Stickereien vom 18. ins 21. Jahrhundert.

Ein besonderes Kabinett hat das Volkskundemuseum in Graz eröffnet. Es widmet sich der Geschichte des Kreuzstichs und zeigt in der gelungenen Gestaltung Erika Thümmels Gustostückerln der Sammlung. Wer nun glaubt, Kreuzstich-Arbeiten auf den schalen Geschmack des Handarbeitsunterrichts reduzieren zu können, den belehrt Kuratorin Birgit Johler schnell eines Besseren.

Nicht zufällig hat sie eine gestickte Osterkorbdecke als Sujet ausgewählt, die gleich mit mehreren Vorurteilen bricht. Zum einen wurde sie 2017 von einem jungen Mann gestickt, zum anderen sind keine christlichen Symbole, sondern Dinosaurier darauf zu finden.

Die Osterkorbdecke mit Sauriern von Amatus Steinhauser aus dem Jahr 2017.  (Bild: UMJ/J. J. Kucek)
Die Osterkorbdecke mit Sauriern von Amatus Steinhauser aus dem Jahr 2017. 

Subversiver Umgang mit der alten Kulturtechnik
Die heutige Generation geht subversiv mit der alten Technik um“, erzählt Johler und verweist auf Stickbilder, die traditionelle Sprüche umdeuten.

Die gestickten Musterbänder des Volkskundemuseums reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Damals waren die Motive bunt und lebendig, bestanden aus Blumenranken und Tieren. Stickerinnen waren hauptsächlich adelige und bürgerliche Frauen. Da sich der Kreuzstich auch hervorragend für Schriften und Zahlen eignet, finden sich unzählige Monogramme auf Hemden, Strümpfen oder Unterröcken.

Im Biedermeier und noch bis ins späte 19. Jahrhundert dominierten bunte Farben und vielfältige Motive.  (Bild: UMJ/J. J. Kucek)
Im Biedermeier und noch bis ins späte 19. Jahrhundert dominierten bunte Farben und vielfältige Motive. 

Einfachheit als deutsche Tugend
Dass ausschließlich mit rotem Faden auf Leinen gestickt wurde, ist eine Erfindung des späten 19. Jahrhunderts. Das „Einfache“ wurde damals als „wahrer deutscher Stil“ ausgerufen. Die Kreuzstickerei musste zu dieser Zeit – wie vieles andere auch – zur Festschreibung einer deutschen Identität herhalten. Damit konnten freilich auch die Nazis gut, und bis ins späte 20. Jahrhundert hielt sich die rotfädige Vorgabe.

Mit den Kreuzstichobjekten hat das Volkskundemuseum sein erstes Sammlungskabinett eingerichtet. In losen Abständen sollen so weitere Sammlungsschwerpunkte präsentiert werden, die nicht nur alte Objekte unter neuen Gesichtspunkten durchleuchten, sondern auch zeitgemäße Varianten ins Spiel bringen.

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