„Ausländischer Agent“

Russland will Weihnachtsmann zum Feind erklären

Ausland
12.12.2024 20:25

Es ist eine verkehrte Welt – sogar der Weihnachtsmann wird in Russland mittlerweile politisch verfolgt. Da er die „traditionellen Werte zerstört“, soll er nun als ausländischer Agent gebrandmarkt werden.

Eines gleich vorweg: Mit der Kritik in unseren Breiten, wonach Santa Claus den Stellenwert von Jesus und dem Christkind gefährdet, hat das überhaupt nichts zu tun. Vielmehr geht es um den Einfluss des Mannes mit dem langen weißen Rauschebart in den vom Kreml als „unfreundlich“ erachteten Ländern, wozu auch die Alpenrepublik zählt.

Erbost wandte sich der Leiter des Föderalen Projekts für Sicherheit und Korruptionsbekämpfung, Witali Borodin, an die Generalstaatsanwaltschaft, berichtet der prorussische Telegram-Kanal Shot. Sie möge den Weihnachtsmann als Ausländischen Agenten einstufen, lautete die Bitte des Putin-treuen Aktivisten. Er habe nämlich Angst, dass diese westliche Figur das russische Väterchen Frost verdränge.

Väterchen Frost und Snegurotschka
Väterchen Frost (Russisch „Djed Moros“) ist eine russische Märchenfigur, deren Ursprünge in der slawischen Mythologie liegen. Er beschenkt in der Neujahrsnacht die Kinder und wird dabei von seiner Enkelin Snegurotschka (zu Deutsch „Schneeflöcken“) begleitet. Dieser Brauch ist auch in anderen osteuropäischen Ländern verbreitet. Väterchen Frost hat einen langen, weißen Bart und ein magisches Zepter bei sich, das mit seiner Spitze alles gefrieren lässt. Die Kleinen besucht er aus der tiefen Taiga kommend mit einem Schlitten (Troika), der von drei Schimmeln oder Rentieren gezogen wird. Der Mantel des freundlichen Herrn ist in der Regel eisblau, kann aber auch andere Farben aufweisen.

Väterchen Frost und Snegurotschka (Bild: caxa75onohoi - stock.adobe.com)
Väterchen Frost und Snegurotschka
Die beiden Figuren als Weihnachtsschmuck am Roten Platz in Moskau. In Russland gilt generell: Mehr ist mehr. (Bild: info@f-geo.ruwww.f-geo.ru stock.adobe)
Die beiden Figuren als Weihnachtsschmuck am Roten Platz in Moskau. In Russland gilt generell: Mehr ist mehr.

Klingt nach Verschwörungstheorie
Viele ausländische Unternehmen greifen auf die Darstellung von Santa Claus zurück. Borodin zufolge wird der Wert des Markenzeichens auf stolze 1,6 Billionen US-Dollar geschätzt. Daher bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ausländische Unternehmen das Bild des Weihnachtsmanns in Russland finanzieren könnten – mit dem Ziel, traditionelle russische Werte zu zerstören, läuteten bei dem Juristen die Alarmglocken.

Russland und das Denunziantentum
Borodin hat sich mittlerweile als Denunziant einen Namen gemacht. Unter Kulturschaffenden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sucht er regelmäßig nach neuen „Opfern“. Und dafür ist das Gesetz über „ausländische Agenten“ in Russland wie gemacht. Seit 2012 können „politische tätige“ gesellschaftliche Organisationen und seit 2020 Privatpersonen in Russland registriert werden, sofern sie vom Staat als vom Ausland unterstützt oder beeinflusst betrachtet werden. Mit diesem Mittel sollen kritische Organisationen finanziell in den Ruin getrieben, isoliert oder verboten werden. Journalisten von ausländischen Agenten können, wenn sie sich als Reporter bei Demonstrationen aufhalten, schlimme Strafverfahren in Russland winken.

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