Fast täglich kommen Hiobsbotschaften von der Budgetfront. Die künftige Regierung muss nun entscheiden, ob sie den Haushalt über ein EU-Defizitverfahren saniert oder ohne. In den kommenden Jahren müssen wohl bis zu 22 Milliarden Euro eingespart werden.
Die jüngsten Zahlen aus der Nationalbank sehen das Defizit 2025 schon bei minus 4,1 Prozent des BIP. Das würde einen Konsolidierungsbedarf 2025 von 7,1 Milliarden Euro mit sich bringen, um das Maastricht-Ziel von 3,0 Prozent zu erreichen. Bisher war man von rund vier Milliarden ausgegangen.
Laut Berechnungen des Budgetdienstes des Parlaments müssen – je nach Szenario – wischen 15 und 22 Milliarden Euro in den kommenden vier bis sieben Jahren eingespart werden.
Österreich kann der EU-Kommission bis Mitte Jänner ein eigenes Maßnahmenpaket vorlegen. Diese bewertet es und empfiehlt dem Rat für Wirtschaft und Finanzen, ob er ein ÜD-Verfahren (Überdefizit-Verfahren) gegen Österreich einleiten soll – oder nicht. Legt Österreich nichts vor, kommt es automatisch zum ÜD-Verfahren. Je nach Dauer des Sanierungspfades (vier oder sieben Jahre) wird dann festgelegt, in welcher Höhe Österreich den Gürtel enger schnallen muss. Der Fiskalrat will am Montag neue, konkrete Zahlen präsentieren.
Die EU-Maastricht-Kriterien sehen zwei Schwellenwerte vor. Das jährliche Defizit soll drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten, die Schuldenquote nicht über 60 Prozent des BIP liegen.
„Zuckerl“-Verhandler sind sich uneinig
Der Vorteil eines Verfahrens wäre, dass die Regierung mehr Spielraum hätte. Das ist besonders wichtig, um die Wirtschaftslage nicht weiter zu verschlechtern. Will die nächste Regierung das Budget nachhaltig sanieren und sich dafür Zeit kaufen, hätte sie es mit einem ÜD-Verfahren einfacher. Die SPÖ spricht sich für diesen Weg aus, ÖVP und NEOS sind skeptisch.
Auch Finanzminister Gunther Mayr bevorzugt eine Sanierung ohne Verfahren. Das Ministerium verweist auf die Gefahr einer Abwertung von Österreichs Bonität im Falle eines Defizitverfahrens. Das würde unsere Zinsen empfindlich erhöhen. Zudem hätte Österreich im Verfahren eine eingeschränkte Budgetfreiheit.
Experten drängen auf rasches Handeln
Birgit Niessner, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Österreichischen Nationalbank, gibt der Politik keine Empfehlungen. Aber grundsätzlich gelte: Wenn die Regierung im herausfordernden Jahr 2025 einen Konsolidierungseffekt wolle, dann müsse es „bald eine kleine Anzahl einfach umzusetzender Maßnahmen geben“ und das müsse „sofort in die Umsetzung gehen“. Abgesehen von den kurzfristigen Maßnahmen müsse langfristig strukturell an der „Budgetgesundheit“ gearbeitet werden.
Wie groß ein Konsolidierungspaket ausfallen wird, sei zwar unsicher, „sicher ist hingegen, dass es negative Wachstumseffekte nach sich ziehen würde“, ergänzte Gerhard Fenz, Leiter des Referats Konjunktur in der OeNB. Bei einer „exemplarischen“ Budgetkonsolidierung im Ausmaß von 0,9 Prozent des BIP 2025 und von 0,5 Prozent in den beiden Folgejahren würde das Wirtschaftswachstum Österreichs um jährlich 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte gedrückt.
Schuldenquote steigt rasant
Das deutlich über den bisherigen Erwartungen prognostizierte Defizit würde auch dazu führen, dass die Schuldenquote „rasant“ ansteigt, so Niessner. Von 78,6 Prozent im Vorjahr auf 81,8 Prozent heuer und 82,6 Prozent 2025 auf bis zu 84,2 Prozent im Jahr 2027. „Hohe Primärdefizite, aber auch steigende Zinslasten treiben die Schuldenquote stark nach oben“.
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