Musical der Oper Graz

„Silk Stockings“: Verliebt in einen Roboter

Steiermark
15.12.2024 18:00

Mit Cole Porters „Silk Stockings“ versucht die Oper Graz, an den Erfolg der Musical-Produktion „Crazy For You“ vom vergangenen Jahr anzuschließen. Das gelingt nur bedingt – zu groß sind die Schwächen dieses Abends trotz manchen Höhepunktes.

Ach, wie schön, wenn es glitzert: Cole Porter, das verspricht nostalgischen Musical-Charme, Broadway, 50er-Jahre. Nach dem bombastischen „Crazy For You“ von George Gershwin in der vergangenen Saison sind die Erwartungen des Grazer Publikums zurecht hoch. Mit „Silk Stockings“ hat man Regisseur Max Hopp Porters letztes Musical zur Inszenierung übergeben – eine selten gezeigte Liebesgeschichte zwischen Kommunismus und Kapitalismus.

Nina Yaschenko (Natalia Mateo), eine stocksteife Stalinistin, bricht nach Paris auf, um den Nationalkomponisten Pjotr Iljitsch Boroff (Michael Großschädl) und drei abtrünnige Funktionäre zurückzuholen. Adrett, streng, mit Bleistiftrock und Pelzhaube sorgt sie in den starken Dialogen mit ihren indoktrinierten Aussagen für Lacher.

Nina Weiß als Janice Dayton mit Tänzern des Opernballetts in „Silk Stockings“  (Bild: Werner Kmetitsch)
Nina Weiß als Janice Dayton mit Tänzern des Opernballetts in „Silk Stockings“ 

Die steife Russin
Kaum in Paris, verfällt „Ninotschka“ den Seidenstrümpfen und dem amerikanischen Künstleragenten Steve Canfield (Michael Rotschopf). Während er in „Paris Loves Lovers“ seine volle, starke Stimme vorführt, fehlt Mateo viel Volumen.

„Du bist hierhergekommen als sorgfältig programmierter Roboter“, sagt Canfield einmal zu Ninotschka. Die Entwicklung hin zur Liebhaberin gelingt der Sängerin nicht: Selbst im hübschen weißen Petticoat (Ausstattung: Marie Caroline Rössle), ja selbst bei der Schlussnummer, bleibt ihre Ninotschka eine steife Technokratin mit eingefrorenem Gesicht. „Practically everything leaves me absolutely cold“, singt sie im Duett „I Get A Kick Out Of You“ (eigentlich aus „Anything Goes“). Das hört man auch dort, wo man es nicht hören sollte: In den Liebesduetten mit Canfield, aus denen Rotschopf so viel herauszuholen versucht, aber sich die Zähne ausbeißt.

Falk Witzurke (Brankow), Michael Großschädl (Boroff), Michael Rotschopf (Steve Canfield), Christian Scherler (Bibinski)  (Bild: Werner Kmetitsch)
Falk Witzurke (Brankow), Michael Großschädl (Boroff), Michael Rotschopf (Steve Canfield), Christian Scherler (Bibinski) 

Janice Dayton ist ein Star
Ob das Stereotyp des dümmlichen Film-Sternchens noch zeitgemäß ist, sei dahingestellt, aber Nina Weiß ist als Janice Dayton ein Lichtblick: Von ihrem ersten Solo „Stereophonic Sound“ an verführt sie mit stimmkräftiger Präsenz und Charme, immer an der Grenze zur Übertreibung, doch genau richtig dosiert. „Miss Otis Regrets“, ein dem Musical hinzugefügtes Lied aus 1934, singt sie famos nur mit Gitarrenbegleitung, in „Silk and Satin“ hat sie Spaß.

Als bummellustiges Trio bringen Bibinski (Christian Scherler), Iwanow (Markus Murke) und Brankow (Falk Witzurke) vor allem mit ihren Dialogen Auflockerung auf die Bühne.

Herrlicher 50er-Jahre-Swing
Die Grazer Philharmoniker swingen unter der musikalischen Leitung von Koen Schoots herrlich. Das Ballett tobt sich mit beim russischen Kalinka aus und zeigt bei „Josephine“ – eine der großen, bunten Revue-Nummern mit Nina Weiß – Haut und was es kann.

Leider hat die Tontechnik am Premierenabend Schwierigkeiten: Dialoge sind teilweise schwer verständlich, manche Stimmen zu leise vor der klanglichen Wucht des Orchesters. Insgesamt bleibt der Abend aber hinter den hohen Erwartungen zurück.

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