30 Jahre in der EU

Handhabung der Pandemie stoppte Erfolgsgeschichte

Österreich
16.12.2024 07:07

Die Mitgliedschaft in der EU war für Österreichs Wirtschaft eine Erfolgsgeschichte. Vor allem am Anfang und ab 2004 verzeichnete das Bruttoinlandsprodukt ein starkes Wachstum. Seit 2019 hat sich das Bild aber im Vergleich zu anderen EU-Ländern eingetrübt. Das „Hauptübel“ dabei: „Wir sind durch die Pandemie und die Energiepreiskrise schlechter gekommen als andere Mitgliedsländer“, gibt Wifo-Ökonom und WU-Wien-Professor Harald Oberhofer zu bedenken.

Das habe mehr mit nationaler Politik und wenig mit der EU-Mitgliedschaft zu tun. Ganz grundsätzlich sei das Bruttoinlandsprodukt aber „die schwierigste aller Kennzahlen“, um den Einfluss der EU-Mitgliedschaft auf den wirtschaftlichen Erfolg zu messen, da in ihr alle möglichen Effekte enthalten seien, die nichts mit der EU zu tun haben. Aber generell gelte, dass Österreich als kleine, offene Volkswirtschaft alleine „weltökonomisch unbedeutend“ wäre und nur im Verbund mit den anderen EU-Staaten die eigenen Interessen durchsetzen könne. Das gelte selbst für ein größeres Land wie Deutschland. Erst durch die EU-Mitgliedschaft gewinne Österreich auf der Weltbühne ein ökonomisches Gewicht.

Größtes Asset Binnenmarkt
„Unser größtes Asset ist der Binnenmarkt“, schildert Oberhofer zur Auswirkung der EU-Mitgliedschaft auf die Wirtschaft. Dieser führe zu mehr Wettbewerb, besseren und günstigeren Produkten und mehr Auswahl für die Konsumenten. Und wenn derzeit viel über die überbordende Bürokratie in der EU geklagt werde, treffe dies nicht die gemeinsamen Standards. Diese seien unerlässlich, damit nicht für jedes Land eigene Produktvarianten produziert werden müssen – wie etwa früher eine Sonderbeleuchtung für Autos, die in Schweden verkauft werden, wie sich Oberhofer erinnert.

(Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Die EU habe aber wenig Handlungsspielraum, da ihr Budget nur ein Prozent des BIP der EU umfasst, führt Oberhofer aus. Daher müsse sie regulieren, um die Wirtschaft zu steuern – „das kann natürlich überbordend sein“. Das Lieferkettengesetz, das international bis zum letzten Zulieferer die Erhebung aller möglichen Daten verlangt, könne durchaus in diese Kategorie fallen. Da ist Oberhofer „skeptisch, dass es das Ziel erreicht“, zugleich könne es die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft schmälern.

Österreichs Politik soll sich in der EU aktiv einbringen
Politiker, die sich über solche EU-Regeln beschweren, erinnert der Ökonom aber daran, dass Österreich in den EU-Gremien volle Mitwirkungsrechte habe. Da könnten sich die Vertreter anders einbringen „und nicht Dinge beschließen auf EU-Ebene, um sich dann als Regierung zwei Minuten später davon zu distanzieren“. Das sei auch ein „grundsätzliches Problem im Verhältnis Nationalstaat zur Europäischen Union“.

„Natürlich“ sei Österreich durch den Wettbewerb am Binnenmarkt auch innovativer geworden. Denn nur über Innovationen, Forschung und Entwicklung, High-Tech-Produkte und Spezialisierungen, also „etwas besser können als der Rest der Welt“, könne ein Hochpreisland wie Österreich wettbewerbsfähig bleiben.

EU vor Herausforderungen
Österreich habe von der EU-Mitgliedschaft profitiert, nicht zuletzt durch seine geografische Lage und die Osterweiterung der Union. Allerdings gebe es auch auf europäischer Ebene große Herausforderungen, etwa im Umgang mit neuen Technologien, mit dem demografischen Wandel. Die EU müsse schauen, dass sie ihre Potenziale ausschöpft und mit einer ambitionierten Wettbewerbspolitik den Wohlstand absichert.

Die Union wurde von 15 einander ähnlichen Ländern gegründet, die damaligen Regeln passen für die fast verdoppelte und viel diverser gewordene Union nicht mehr. Um die Potenziale der EU zu heben, müsse man über Kompetenzverteilungen reden, was EU-weit und was national entschieden werden soll. Oberhofer plädiert etwa für einen gemeinsamen Ausbau der Bahn – wofür es aber ein entsprechendes Budget brauche. Auch den Kampf um eine Dekarbonisierung sollte man gemeinsam führen. Ein „effizienteres“ Verhältnis zwischen EU und Nationalstaaten würde aber in gewissen Bereichen auch die Aufgabe von Elementen der nationalen Souveränität bedeuten – dies sei „in Europa ganz schwierig zu diskutieren“.

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