Was zeichnet ein friedliches Zusammenleben in Wien aus? Ist es das Recht aufs sonntägliche Schnitzel? Wiens Werte auf dem Prüfstand.
Mit klaren Worten richtete sich der Wiener Integrationsrat (W.I.R.) jetzt an die Öffentlichkeit. Bei der Vorstellung der jüngsten Ergebnisse wurde unmissverständlich aufgezeigt, wie prekär der Zusammenhalt in Wiens diverser werdender Gesellschaft ist. Fast die Hälfte der Stadtbevölkerung hat einen Migrationshintergrund, und die kulturelle Vielfalt bringt nicht nur Chancen, sondern auch Reibungspunkte.
Abwertungen auf vielen Ebenen
„Wir erleben Polarisierungen und gruppenbezogene Abwertungen auf vielen Ebenen“, so Kenan Güngör, Soziologe und Mitglied des W.I.R. „Die Herausforderungen einer diversen Gesellschaft können nur durch klare Werte, Dialog und Prävention gemeistert werden.“ Seine Worte verdeutlichen, dass die Stadtpolitik dringend handeln muss. Im Zentrum steht der Appell an gemeinsame Werte. Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) betont: „Menschenrechte, Pluralismus und Demokratie sind nicht verhandelbar. Diese Werte bilden die Grundlage für ein respektvolles Zusammenleben.“
Das Ziel ist ein Wertekonsens, der Vielfalt fördert, ohne in plumpe Leitkulturdebatten abzugleiten.
Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr
Zu romantisierte Sicht auf Diversität
Güngör warnt vor einer romantisierten Sicht auf Diversität: „Pluralität ist kein Selbstläufer. Wenn Gemeinschaften sich abschotten und eigene Strukturen schaffen, verlieren wir das Verbindende.“ Migrationsexpertin Judith Kohlenberger ergänzt: „Bei Diskriminierung, egal, ob von der Mehrheitsgesellschaft oder von Minderheiten ausgehend, dürfen wir keinen blinden Flecken haben.“ Doch der Blick in die Praxis zeigt: Diese Prinzipien werden nicht von allen gleichermaßen getragen.
der Erstklassler an Wiener Volksschulen können nicht mehr Deutsch. In manchen Schulen herrscht mittlerweile eine andere Umgangssprache vor.
Probleme an den Schulen
Insbesondere an den Wiener Schulen spitzen sich die Probleme zu. Kohlenberger spricht von „institutioneller Segregation“, bei der sich soziale und ethnische Trennlinien immer stärker in den Strukturen abzeichnen. Viele Eltern weichen auf andere Bezirke oder Privatschulen aus, was die soziale Durchmischung weiter erschwert. Einer der wichtigsten Punkte ist die Bereitschaft, Spannungen offen anzusprechen. Güngör: „Wenn der Anteil von Gruppen mit unterschiedlichen Wertevorstellungen zu groß wird, schwindet die Orientierung.“ Diese Dynamik erfordere eine klare Haltung der Stadt, um demokratische Werte nicht nur zu verteidigen, sondern aktiv zu fördern. Daher wollen die Neos nun den Demokratie-Unterricht österreichweit als Schulfach verankern. Die Einführung eines Schulfachs ist hingegen nicht möglich, wie Wiederkehr betonte. Dies sei Bundeskompetenz – wobei er aktuell das Thema auch in den Koalitionsverhandlungen bespricht. Dort gebe es dazu gute Fortschritte. Außerdem wird der Bildungsplan für Kindergärten überarbeitet. Damit einhergehend – ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und Investitionen in die Bildung.
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