„Krone“-Kommentar

Die Verklärung eines Tyrannen

Analysiert für die „Krone“: Außenpolitik-Experte Kurt Seinitz

(Bild: stock.adobe.com, Krone KREATIV)

Das darf doch nicht wahr sein! Rumänien ist zum 30. Jahrestag des Volksaufstands gegen die Dracula-Herrschaft des bizarren Megalomanen Nicolae Ceauşescu von Nostalgie gezeichnet.

Dieses Phänomen der Verklärung (auch in Ostdeutschland) nennt man Veränderungserschöpfung. Der Trott der alten Welt ist verloren gegangen, die neue Welt voll Stress. Damals hatte man nichts, aber das dafür sicher. Man verhielt sich gegenüber der Obrigkeit nach dem Motto: „So wenig könnt ihr mir gar nicht zahlen, als ich wenig arbeiten kann.“

Und dann der Schock der Freiheit: Die Staats-Sklaven des Kommunismus sind zum Aufstiegs-Kampf verurteilt. Viele in der alten Generation schafften es nicht, die Jugend wandert in den Westen aus. So hat Rumänien zwar gute Wirtschaftsdaten, aber zu viele Modernisierungsverlierer.

Das Vergessen ist an und für sich eine positive Eigenschaft, aber dass man die Albtraumherrschaft des Ceauşescu aus dem Gedächtnis ausblenden kann und stattdessen dem angeblichen Charme eines Putin erliegt, ist nur der historischen rumänischen Situationselastik zu schulden. Auf diese Weise haben sich die Rumänien auch über die Jahrhunderte als lateinisch-römische Insel in einer slawischen Welt behauptet.

Das Ehepaar Ceauşescu war nach dem Volksaufstand im Blitztempo vom Militär exekutiert worden. Das hatte schon damals signalisiert: Schwamm drüber!