Der Weg für vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar in Deutschland ist frei. In einer namentlichen Abstimmung über die Vertrauensfrage verweigerten am Montag die Bundestagsabgeordneten SPD-Kanzler Olaf Scholz wie angestrebt die Unterstützung. Internationale Tageszeitungen nehmen sich kein Blatt vor den Mund und rechnen mit Scholz teilweise knallhart ab.
„Neue Zürcher Zeitung“: „Der Sozialdemokrat Scholz hat sich schon in den vergangenen Jahren des in ihn gesetzten Vertrauens nicht würdig erwiesen. Vor allem aber hat er neues nicht verdient.“
„Corriere della Sera“: „Damit endet nun eine der kürzesten Regierungen in der deutschen Geschichte. Was nach Scholz‘ Worten eine mutige Koalition sein sollte, ist jetzt nach Meinung von Beobachtern ein gescheitertes Experiment. Warum ist Olaf Scholz gescheitert? Klar, drei Monate nach seinem Amtsantritt marschierte Russland in die Ukraine ein und der Koalitionsvertrag war Makulatur. Man kann darüber diskutieren, ob er an seiner eisigen, arrogant wirkenden Persönlichkeit gescheitert ist, die keinen Draht zum Land fand. Oder ob nicht sogar seine Art der Sozialdemokratie – wirtschaftsfreundlich, technokratisch, wenn auch sozial – ein Überbleibsel der 2000er-Jahre ist, das die Wähler ablehnen. In diesem Punkt ähneln Scholz‘ Charakter und Werte auf gefährliche Weise denen seines vermeintlichen Nachfolgers Friedrich Merz.“
„The Guardian“: „Europa steht vor großen Herausforderungen in Bezug auf die Ukraine, den Umgang mit Donald Trump und mit China. Es wäre schlecht, wenn der legendäre deutsch-französische Motor des Kontinents ausgerechnet jetzt schlapp machen würde.“
„La Vanguardia“: „Die politische Instabilität, die Deutschland derzeit durchlebt, geprägt von einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung, hat es nahezu unmöglich gemacht, eine weitgehend gelähmte Wirtschaft zu steuern – und das in einer Zeit, in der Europa mehr denn je auf Deutschlands Stärke angewiesen ist. Seit fünf Jahren steckt das Land in einer anhaltenden Stagnation.“
„Hospodarske noviny“: „Deutschland braucht Reformen. Seine Wirtschaft stagniert seit langem – und das nicht nur wegen der hohen Energiepreise. Die Deutschen haben so sehr gespart, dass sie gegenüber anderen zurückgefallen sind. Sie haben weder in Innovationen noch in die Infrastruktur investiert, was sich an zerfallenden Autobahnbrücken und ewig verspäteten Zügen zeigt. Wie ein Totem hat man in der Bundesrepublik die Schuldenbremse hochgehalten.“
„Dernières Nouvelles d‘Alsace“: „Es ist ein kleines Erdbeben in einem Land, das für seine Stabilität bekannt ist, da das Unterhaus seit der Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 nur zweimal aufgelöst wurde.“
„Göteborgs-Posten“: „Alles spricht nun dafür, dass es die CDU sein wird, die nach der Wahl im Februar gemeinsam mit der SPD die Regierung führen wird. Mit anderen Worten: noch eine Große Koalition. Diese Koalitionen nützen weder der CDU, der SPD noch der deutschen Demokratie. Aber die Möglichkeiten der CDU, den „schwedischen Weg“ zu gehen und eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten in der AfD einzugehen, werden nicht nur durch das historische Schuldbewusstsein Deutschlands erschwert.“
Union aktuell in Umfragen weit voraus
Knapp zehn Wochen vor der Bundestagswahl am 23. Februar sieht es für CDU-Chef Friedrich Merz vorerst am besten aus. Die Christdemokratische Union (CDU) lag in jüngsten Umfragen bei 31 bis 33 Prozent der Stimmen und damit sehr weit vor der Konkurrenz. Die AfD liegt auf Platz zwei mit Werten von 17 bis 19 Prozent.
SPD nur auf Platz drei
Der 69-jährige CDU-Chef Friedrich Merz hofft auf noch mehr, doch eine Absolute ist nicht in Sicht. Nach Absagen vor allem aus CSU an die Adresse der Grünen könnte es – Stand jetzt – auf eine schwarz-rote Koalition mit der SPD hinauslaufen. Scholz liegt mit seiner SPD in Umfragen bei 15 bis 18 Prozent. Trotzdem ist der (Noch)-Kanzler überzeugt, dass seine Partei die Union noch überholen kann. Es ist ein Rennen bergauf nach der gescheiterten Ampel mit Grünen und FDP.
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