„Gehen dagegen vor“

Fettleibige Influencerin klagt wegen Hasskommentar

Gericht
18.12.2024 18:00

Ein Wiener Instagram-Star und ihr Mann bringen einen 26-jährigen Handwerker vor die Richterin, der zu einem ihrer Tanzvideos „einen Witz“ machen wollte. Den die Privatanklägerin aber alles andere als lustig fand. Jetzt muss der Beklagte zahlen. Viele weitere könnten folgen.

„Es ist doch ein recht ungewöhnlicher Akt. Eine neuartige, noch ungeklärte Rechtsfrage“, führt Richterin Nicole Baczak im Wiener Landl aus. Der Prozess dreht sich um die Privatanklage eines Influencer-Ehepaars. Die Accounts des ungleichen Paars sind höchst erfolgreich, die beiden haben Follower im sechsstelligen Bereich. Inhaltlich dreht es sich um Reisen, Alltag und Restaurants. Und über Körpergewicht.

Von Beruf „Content Creator“ und „Influencer“
Denn die junge Influencerin ist krankheitsbedingt seit frühester Kindheit fettleibig und begegnet ihrem korpulenten Äußeren auf ihren Kanälen auch mit Humor. „Natürlich bin ich unhygienisch und gehe nicht duschen“, meint sie ironisch in einem der Beiträge. „Die Videos sind dazu da, um aufzuklären. Ich will Stereotype aufbrechen“, sagt die junge Frau zur Richterin. Sie lebt, wie auch ihr Mann, von Social Media, von Beruf sind sie Content Creator und Influencer. 

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Die Videos sind dazu da, um aufzuklären. Ich will Stereotype aufbrechen.

Die Influencerin im Prozess

Vorstrafe drohte wegen Beleidigung
Schon mit 16 habe sie Videos gemacht: „Ich wurde von meinen Klassenkollegen deshalb ausgelacht.“ Mit 20 startete sie neu durch. Und sammelt Follower um Follower. Doch etwas macht dem Paar zu schaffen: Die zahlreichen Hass-Postings und das Bodyshaming, wie abwertende Äußerungen über das Aussehen anderer bezeichnet wird. „Wir gehen dagegen vor“, erklärt sie. So auch gegen jenen 26-jährigen Installateur, der jetzt auf der Anklagebank landete, weil er zuvor zu keiner Entschädigungszahlung bereit war. Das Influencer-Ehepaar klagte den Wiener wegen Beleidigung und fordert 3000 Euro Entschädigung.

Anwalt Andreas Schweitzer vertritt die Privatanklägerin. (Bild: Krone KREATIV/Anja Richter)
Anwalt Andreas Schweitzer vertritt die Privatanklägerin.

Der Mann sitzt verdutzt im Gerichtssaal und weiß nicht recht, wie ihm geschieht. Im Falle einer Verurteilung ist er vorbestraft. Der Grund dafür: Unter ein Tanzvideo des Ehemanns hat der Installateur einen kuriosen, unfreundlichen Kommentar geschrieben. Darin geht es etwa um „massive Erschütterungen, ausgelöst durch ihren Hauselefanten“. Das Wohnhaus sei „dem Einsturz nahe“.

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Ich dachte, wenn sie selber so Witze macht, kann ich mit einsteigen. Es sollte ein Witz sein, keine Beleidigung.

Der Installateur zur Richterin

Der Beitrag sei Satire gewesen, so der Mann. „Ich dachte, wenn sie selber so Witze macht, kann ich mit einsteigen. Es sollte ein Witz sein, keine Beleidigung.“ In diese Kerbe schlägt auch sein Verteidiger: „Die Privatanklägerin spielt doch auf dem Account mit ihrer Beleibtheit, postet selbstironische Beiträge und provoziert damit regelrecht solche Kommentare.“ Ein Hauselefant sei zudem etwas Niedliches und nichts Despektierliches.

1500 Euro und eine Entschuldigung
Andreas Schweitzer, der die Influencerin vertritt, sieht dies natürlich anders: „Die Frau wird auf diesen Accounts ständig denunziert. Viele beschimpfen sie und machen sich lustig. Das nagt an der Psyche.“ 

In der Verhandlungspause kommt es doch noch zu einem Vergleich: Der 26-Jährige muss 1500 Euro an das Ehepaar zahlen und entschuldigte sich. Ein Urteil gibt es somit nicht, die Rechtsfrage bleibt neu und ungeklärt. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sich die Gerichte – bis hin zum Obersten Gerichtshof – mit Bodyshaming beschäftigen werden. 

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