Eine Haftstrafe auf Bewährung sowie eine Geldstrafe fasste das Bludenzer Stadtoberhaupt Simon Tschann am Landesgericht aus. Ein Amtsverlust wurde nicht ausgesprochen, da die Strafe zu gering ist. Erste Rücktrittsforderungen wurden bereits laut.
Simon Tschann ist angeklagt, im Jahr 2021 als Baubehörde in erster Instanz die Bewilligung für ein Wohnprojekt erteilt zu haben, obwohl die gesetzlichen Grundlagen dafür nicht vorlagen. Als Stadtoberhaupt soll er das Bauvorhaben in der Fohrenburgstraße trotz negativer Stellungnahme eines städtischen Gutachters genehmigt haben.
Konkret geht es um eine aus drei Baukörpern bestehende Wohnanlage mit 23 Einheiten. So warf Staatsanwalt Richard Gschwenter dem Beschuldigten vor, Kritik des Amtssachverständigen zu dem Projekt ignoriert zu haben. „Man wollte das Projekt mit Gewalt durchbringen“, sagte er. Vorgeworfen wurde Tschann ebenso, in Stellungnahmen gegenüber dem Landesvolksanwalt und der Bezirkshauptmannschaft Bludenz falsche Angaben und die Zustimmung des Amtssachverständigen vorgetäuscht zu haben.
„Dazu wurde einfach eine Sitzung erfunden, die es nie gab und in der der Sachverständige die Freigabe erteilt habe“, so der öffentliche Ankläger. Den infrage gestellten Jour Fixe habe es sehr wohl gegeben, bekräftigten Tschann und sein Verteidiger. Dieser soll am 17. Juni 2021 stattgefunden haben – zwei Tage, nachdem die Bauverhandlung ausgeschrieben worden war. Der Amtssachverständige seinerseits sagte vor Gericht, dass es so etwas wie eine „mündliche Freigabe“ in so einer Angelegenheit nicht gebe. Von einer solchen habe er erst im April 2022 erfahren.
Seitens der Stadt hieß es, man habe die schriftliche Dokumentation verabsäumt. Der Gestaltungsbeirat habe noch am 16. Juni Bedenken bezüglich der Dimensionen und der Gestaltung der Baukörper gehabt. In seinen Augen sei das Projekt zum damaligen Zeitpunkt „nicht freigegeben“ gewesen. Ein damals mit der Angelegenheit befasster Mitarbeiter der Baurechtsabteilung bestätigte, dass eine „direkte Freigabe“ durch den Amtssachverständigen nicht erfolgt sei. Man habe nach dem Gutachten des Amtssachverständigen vom 9. Juni kleinere Projekt-Änderungen durchgeführt, beim Jour Fixe am 17. Juni hätten dann alle den Eindruck gehabt, „dass es passt“.
In seiner Einvernahme betonte Tschann, dass er ihm von der Stadtverwaltung vorgelegte Bescheide nicht prüfe, sondern lediglich unterzeichne. „Sobald der Bescheid bei mir liegt, gehe ich davon aus, dass die Grundlagen dafür von meinen Mitarbeitern geprüft wurden.“ Das gelte auch für die Stellungnahmen gegenüber dem Landesvolksanwalt und der Bezirkshauptmannschaft.
Den Richter überzeugte er nicht. Tschann wurde schuldig gesprochen. Er fasste elf Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von 51.000 Euro aus (300 Tagessätze zu 170 Euro). Sein Anwalt legte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Tschann nahm das Urteil zur Kenntnis.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.