Migrationsforscherin Judith Kohlenberger analysiert im krone.tv-Interview die aktuelle Situation von Flüchtlingen in Österreich. Etwa, wie die Migration in Wien läuft. Oder, ob künftig an Flüchtlinge nur noch Sachleistungen statt Geldleistungen ausgegeben werden sollen: „Wo ich ein bisschen skeptisch bin, ist zu sagen, wir brauchen keine oder nur mehr ganz wenig Geldleistungen und wollen alles über Sachleistungen regeln.“
Österreich sei ein föderaler Fleckerlteppich: „In einem Bundesland gibt’s die Bezahlkarte, in deinem anderen ein höheres Taschengeld, anderswo ein niedrigeres. Das ist nicht ideal und führt natürlich auch zu so einer Art Konkurrenzkampf innerhalb des Bundesgebietes. Die Bundesländer schieben sich gegenseitig die Flüchtlinge zu. Das leidtragende Bundesland ist dabei Wien, weil Wien als einziges Bundesland die Quote in der Grundversorgung übererfüllt.
Migrationsforscherin Judith Kohlenberger
(Bild: krone.tv)
Nicht genutztes Humankapital Ob es nun sinnvoll sei, Sozialleistungen weiter primär über Geldtransfers auszuzahlen oder das System auf Sachleistungen umzustellen? Kohlenberger, pragmatisch: „Gewisse Dinge des alltäglichen Bedarfs gehen nur mit Bargeld. Zum Beispiel in Schulen, wo Gelder für die Klassenfahrt benötigt werden. Das wird dann schwierig, wenn alles nur mehr über Sachleistungen geregelt ist. Aber man kann darüber diskutieren, wie für Geflüchtete in Österreich das Verhältnis des Erwerbseinkommens im Vergleich zu den Sozialleistungen ist.“
Auf die Frage, ob das zwischen den Zeilen gelesen bedeute, dass die Sozialleistungen zu hoch seien, Kohlenbergers Replik: „Oder das Erwerbseinkommen ist zu niedrig. Ich glaube, das gehört gut aufeinander abgestimmt.“ Ebenso entscheidend: „Die Erwerbsaufnahme von nach Österreich Geflüchteter hat in den ersten Jahren des russischen Angriffskriegs nicht so gut geklappt. Auch wegen bürokratischer Hürden. Gerade bei den gebildeten Migrantinnen und Migranten. Da lassen wir viel Humankapital liegen.“
Österreich Einwanderungsgesellschaft Die Integration in Wien würde „ganz ok“ funktionieren: „Ein großer Anteil der Migrantinnen und Migranten, auch jener, die schon vor Jahren gekommen sind, die leisten einen Beitrag. Die Arbeiten und zahlen Steuern, die haben Unternehmen gegründet. Wir haben aber in den Wiener Schulen auch einen immer größeren Anteil von Kindern und Jugendlichen mit nicht deutscher Muttersprache. Und ich glaube, da haben wir noch nicht die richtigen Bildungsangebote, die abgestimmt sind auf eine Einwanderungsgesellschaft, die Österreich eben ist.“
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