Erstmals sollen Medizinerinnen mit eigener Ordi Mutterschutzgeld bekommen. Ein Pilotprojekt von Ärztekammer und Gesundheitskassa in Vorarlberg macht das nun möglich.
Der Trend ist eindeutig, die Medizin wird zunehmend weiblich. Von 1858 aktiven Ärztinnen und Ärzten in Vorarlberg sind aktuell bereits 840 Frauen – Tendenz steigend. In den Fachgebieten Gynäkologie, Dermatologie, Kinder- und Jugendheilkunde, Lungenheilkunde, Pathologie und in den psychiatrischen Fächern gibt es bereits mehr Frauen als Männer, in der Allgemeinmedizin und einigen anderen Fächern halten die Geschlechter sich die Waage. Bei den Pensionsjahrgängen überwiegen die Männer, bei der Zukunftsgeneration liegen aber Frauen vorne. Schon sehr bald werden sie mehr als die Hälfte des gesamten ärztlichen Personals in Vorarlberg stellen.
Auf diese Situationen reagieren nun die Gesundheitskasse und die Ärztekammer – und ermöglichen es Kassenvertragsärztinnen im Rahmen eines Pilotprojekts erstmalig, nach der Geburt eines Kindes finanzielle Mutterschutzunterstützung zu beziehen. Kassenärztinnen sind selbständige Unternehmerinnen. Können sie nach der Geburt ihres Kindes nicht arbeiten, beziehen sie auch kein Einkommen. Diese finanzielle Hürde soll nun aus dem Weg geräumt werden.
Kosten bleiben trotzdem
Die Entscheidung für eine Tätigkeit in der Niederlassung fällt in der Regel zwischen dem 30. und dem 40 Lebensjahr. Ärztinnen in diesem Alter, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, scheuten bisher oft den Schritt in die Selbständigkeit. Als einen der Gründe nennt Manfred Brunner die hohen Kosten im Zusammenhang mit einem mehrmonatigen Ausfall nach der Geburt eines Kindes kurz nach der Ordinationseröffnung: „Auch wenn die Ärztin in dieser Zeit nicht arbeitet, muss sie dennoch hohe Investitionskosten bedienen, ebenso laufende Personal-, Geräte-, Immobilienkosten und anderes, zumeist bei oft noch nicht vorhandenen Rücklagen“, erklärt Vorarlbergs ÖGK-Chef Brunner.
Das auf Vorarlberg beschränkte Pilotprojekt startet mit 2025 und wird nach zwei Jahren evaluiert. „Die nun beschlossene Mutterschutzunterstützung deckt natürlich nicht den gesamten Verdienstausfall“, erklärt die Kurienobfrau der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Vorarlberger Ärztekammer, Alexandra Rümmele-Waibel, „sie ist vielmehr als ein teilweiser Einkommensersatz zur Bedeckung der laufenden Fixkosten zu verstehen. Beantragt werden kann die Leistung für maximal 12 Wochen nach der Entbindung.“
Die Höhe der Leistung beträgt pro beanspruchtem Monat 12 Prozent vom vorjährigen Quartalsumsatz der Antragstellerin (gerechnet vom Zeitpunkt des Antrags), also maximal 36 Prozent davon. Sollte die Antragstellerin noch keinen Vorjahres-Quartalsumsatz vorweisen können, weil sie zum Beispiel erst kürzlich ihre Ordination aufgemacht hat, wird der Umsatzdurchschnitt ihrer Fachgruppe als Basis herangezogen. Während die Ärztin die Leistung bezieht, darf sie keine ärztliche Tätigkeit ausüben. Anspruch auf Mutterschutzunterstützungsleistung haben nur Vertragsärztinnen, die am Tag der Entbindung schon länger als ein halbes Jahr einen Kassenvertrag haben.
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