Ohne drastische Sparmaßnahmen einer neuen Regierung würde das heimische Defizit weiter explodieren: Die Experten von Wifo und IHS gehen dann für 2025 von minus 4,2 Prozent beziehungsweise minus 3,8 Prozent aus, nach 3,7 Prozent im heurigen Jahr.
Es gibt keinen Anlass für gute Stimmung unterm Weihnachtsbaum, wenn man die Zahlen der Wirtschaftsforscher betrachtet: Ohne massive Sparmaßnahmen würde sich Österreichs Defizit nächstes Jahr noch deutlich weiter vom Drei-Prozent-Ziel, das laut EU-Schuldenregeln gilt, entfernen. Übernächstes Jahr würde das Defizit noch immer bei 4,1 (Wifo) beziehungsweise 3,6 Prozent (IHS) liegen, der Schuldenstand des Staates würde ohne Budgetkonsolidierung auf 84,5 Prozent der Wirtschaftsleistung klettern.
Politik kann Budgetlöcher nicht mehr ignorieren
Immerhin etwa Gutes findet IHS-Chef Holger Bonin an der aktuellen Situation: „Die wirtschaftliche Debatte wird seit der Nationalratswahl so intensiv geführt wie lange nicht. Die Akteure können schlichtweg die großen Probleme und Budgetlöcher nicht ignorieren.“
Was ist zu tun? Bonin: „Erstens könnte eine neue Regierung über ihren Schatten springen und sich auf ein EU-Defizitverfahren einlassen. Die Motivation sollte nicht sein, dass dann über die nächsten fünf Jahre weniger gespart werden muss, sondern dass wir zumindest kurzfristig im kommenden Jahr dann etwas weniger sparen müssen. Warum? Um die Konjunktur, die noch ein zartes Pflänzchen ist, nicht gleich wieder abzuwürgen.“ Über die nächsten fünf Jahre bräuchte man aber jedenfalls ein Sparziel in der Größenordnung „von 20 bis 25 Milliarden Euro“.
Wo soll man sparen? Bonin: „Primär über die Ausgabenseite, aber auch durch unpopuläre Maßnahmen wie eben Einschnitte bei den Pensionen, sodass man das bei uns sehr niedrige effektive Pensionsantrittsalter nach oben bekommt.
Die nächste Regierung sollte jedenfalls der Versuchung widerstehen, „strauchelnden Unternehmen unter die Arme zu greifen, denn das ist dann möglicherweise versenktes Geld. Die Erfahrung lehrt: Ein toter Gaul wird nicht wieder lebendig.“
Es gibt auch Chancen für die Konjunktur
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht Risiken für die Wirtschaft wie etwaige neue Zölle durch Trump, aber auch Chancen: „Wenn Deutschland die Schuldenbremse reformiert, wird das zu mehr Wachstum führen. Wenn die Deutschen ihren Job machen, müssen wir weniger sparen, das wäre gut.“ Und es sei auch möglich, dass die EU sich mit Trump auf einen Deal einigt und nicht so stark von Zöllen betroffen wäre.
Ein Dorn im Auge ist Felbermayr der Klimabonus. Er spricht sich für eine komplette Abschaffung aus: „Eine Vollabschaffung brächte 2,3 Milliarden Euro, da wäre ich dafür.“ Zugleich gehöre die Bildungskarenz geändert: „Viele Akademiker nutzen diese als Verlängerung der Elternzeit, das hat sogar negative Wachstumseffekte, weil hochqualifizierte Arbeitskräfte dem Arbeitsmarkt entzogen werden.“
Wichtig: Nicht nur sparen, auch Reformen angehen
Wichtig sei es jedenfalls, „nicht nur zu sparen, sondern auch Reformen mitzutreiben.“ Zur Umgehung eines EU-Defizitverfahrens seien im ersten Schritt Sparmaßnahmen im Umfang 6,3 Milliarden Euro notwendig. Felbermayr: „Die 6,3 Milliarden wird man schon finden. Aber das könnte dazu führen, dass wichtige Reformen nicht geschehen. Und das wäre der Super-GAU, wenn man in einem Jahr feststellt: Wir haben es nicht geschafft und schlittern erst recht in ein Defizitverfahren. Dann würden die Finanzmärkte sehr negativ reagieren und das würde zu höheren Aufschlägen auf Staatsanleihen führen.“
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