Zu Weihnachten schlägt auch die Stunde der Hobbybastler. Im Kampf um die imposanteste Weihnachtsbeleuchtung werden weder Kosten noch Mühen gescheut. „Krone“-Kolumnist Robert Schneider weiß davon ein Lied zu singen.
Das Wettrüsten in der Nachbarschaft nähert sich dem Höhepunkt. Eigentlich war es schon seit Anfang November voll im Gang, als der Herbst noch ein paar wärmende Tage bereithielt, die mich wehmütig an den Sommer erinnerten. Jetzt ist die Schlacht geschlagen, die Häuser bis unter die Dächer illuminiert. Kommt höchstens noch die eine oder andere Lichterbatterie dazu. Reine Kosmetik. Z. B. ein in allen RGB-Farben wabernder Lichtvorhang, eine LED-Dekoleuchte mit fünf Elchen für den Außenbereich (der Nachbar hat nämlich nur zwei im Garten stehen), eine Lichterkaskade Marke „Eisregen“ für die Dachtraufe, vielleicht noch ein mehrfarbig blinkender Acryl-Schneemann für den Hintereingang, ein Schneeflockenprojektor (wasserdicht) für die Hauswand und noch ein paar zusätzliche, warmweiße Leuchtsterne für die Fenster.
Man geht nämlich strategisch vor, wähnt den Nachbar mit seinem lächerlichen Lichtergedöns im Vorteil, schaltet Tag für Tag perfid eine Batterie nach der andern dazu, Lichteffekte, mit denen niemand rechnen konnte, bis dann am 24. Dezember beim Eindunkeln jäh der große Schneeflockenprojektor zum Einsatz kommt, wo in einem atmosphärischen Durcheinander von blauen und weißen Schneekristallen die ansonsten mausgraue Hauswand betörend hell aufglimmt. Frohe Weihnachten, lieber Nachbar! Gell, da staunst du! Weihnachten ist ein Fest der Freude, das schon, aber es ist auch ein Fest der Schadenfreude. Ein bisschen Spaß muss sein. Dabei war meinem lieben Nachbar noch vor einem Jahr ganz spartanisch zumute, als uns nämlich Putin den ganzen Strom wegnahm, Europa auf eine fürchterliche Stromknappheit zusteuerte (Sie erinnern sich, 19 Grad im Büro), Nehammer nicht wusste, wie er die Nation ohne schlimme Erfrierungen durch den Winter bringen sollte. Grauenhafte Weihnachten waren das. Ich dekorierte wie immer unser dürres Buchenbäumchen vor dem Haus, streute eine mickrige Lichterkette hinein und gut war’s.
Nicht für meinen Nachbar. Der redete mir nämlich ins Gewissen. Ob ich ein solches überhaupt habe, wo doch der Strom zur Neige gehe, man vermutlich den strengsten Winter seit dem Weltkrieg gewärtigen müsse, wie ich eigentlich zu Selenskyj stehe, ... Übrigens trug er während Corona stets zwei Masken im Gesicht, zeigte mich einmal an, weil der beste Freund unseres Kleinen heimlich auf Besuch kam. „Lässt du dir das gefallen?“, fragte mein Großer, als er auf die hell entflammte Fassade des Nachbarn blickte, dann auf die dürftigen Lichtlein in unserer Buche. „Du hast ja so was von recht!“, antwortete ich. „Heuer wird er nur so dumm schauen!“ Wir fuhren zum Baumarkt.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.