Der Trend zu ausgefallenen Christbaumkugeln hat auch die Steiermark seit einigen Jahren erreicht. Die Vielfalt an Motiven reicht vom Schlagzeug bis zum Quad. Doch wo kommt dieser Trend eigentlich her? Und warum hängen sich immer mehr Steirerinnen und Steirer schräge Kugeln auf den Baum? Die „Krone“ hat nachgefragt.
Trachtenpärchen und Tennisschläger, Belugakaviar und Bügeleisen, Vespa und Verkehrstafel – es gibt mittlerweile nichts, das es nicht auch in Form von Christbaumkugeln gibt. „Den Trend zu ausgefallenem Baumschmuck gibt es schon länger, aber seit einigen Jahren bemerken wir da echt eine extrem große Nachfrage“, sagt Alexandra Klampfl, Shopleiterin von Haller in der Grazer Herrengasse. Neben „Kunst & Kitsch“ in der Neutorgasse zählt Haller zu den Pionieren des ausgefallenen Baumschmucks in der Steiermark – längst aber ist der Trend in alle Bereiche des Handels übergeschwappt.
„Weihnachten entfernt sich von religiösem Kern“
Einen Grund dafür, kann Eva Heizmann von der Volkskultur Steiermark nennen: „Das Weihnachtsfest entfernt sich immer mehr von seinem religiösen Kern und bewegt sich hin zu Spaß, Konsum und Individualität. Das zeigt sich etwa in Trends wie den lustigen Weihnachtspullis, aber auch im Christbaumschmuck, der immer individueller wird und sich immer weiter von seiner traditionellen Bedeutung löst.“
Diese Analyse kann auch Klampfl bestätigen: „Bei uns kommen viele Kunden, die gezielt eine Kugel als Geschenk suchen, die sich auf die Hobbies oder Interessen der Beschenkten beziehen – also etwa ein Golfball für einen Golfer, eine Champagnerflasche für eine Feinschmeckerin oder eine Vespa für einen Mopedfan.“
Und auch Doris Meschnigg vom Grazer Designshop MuR sagt: „Die Kunden suchen etwas Besonderes, etwas Einzigartiges – bei uns gibt es etwa Kugeln aus recycelten Bierdosen, oder auch die Figuren der Weihnachtskrippe als Kugeln.“
Teurer Individualismus, den man sich gönnt
Und nachdem die Nachfrage an solch ausgefallenen Kugeln immer größer wird, werden die Produzenten immer kreativer: „Es gibt jedes Jahr Messen in Deutschland, wo die Trends präsentiert werden – heuer etwa sind Vögel sehr in“, sagt Klampfl. Doch die große Nachfrage bringt auch Probleme: „Bei uns gibt es nur mundgeblasene und handbemalte Kugeln, die vor allem in Polen hergestellt werden. Doch es gibt immer weniger Produzenten, die das Handwerk noch beherrschen, daher steigen auch die Preise.“
Doch noch sind die Kunden bereit, diese Preise zu zahlen: „So eine Kugel ist dann halt etwas Besonderes, das man sich oder seinen Lieben gönnt“, sagt Meschnigg. Und Heizmann sagt: „Mit solch individuellen Kugeln wird der Christbaum zu einem Spiegel des eigenen Lebens.“
„Die wohl ursprünglichste Form des Christbaumschmucks ist der Apfel“, erklärt Eva Heizmann von der Volkskultur Steiermark. „Der 24. Dezember ist ja auch der Namenstag von Adam und Eva, bereits im Mittelalter gab es an diesem Tag ein sogenanntes Paradiesspiel, ein Volksschauspiel, das die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies darstellt. Als Teil des Spiels wurde als Requisite auch ein Baum mit einem Apfel behängt“, erklärt sie
Die Form des Apfels war auch Vorbild für die ersten gläsernen Kugeln, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts für die Christbäume, die zuerst im Adel und Bürgertum in Mode kamen, verwendet wurden. Schnell kamen auch andere Motive auf: „Ursprünglich hatten sie alle einen Bezug zur religiösen Bedeutung des Weihnachtsfestes – etwa der Stern, der an den biblischen Stern von Bethlehem erinnert.“
Strohsterne nicht so alt wie gedacht
Als besonders traditionell gilt hierzulande auch der Strohschmuck. Doch Heizmann hat jüngst herausgefunden, dass dieser wohl gar nicht so alt ist: „So richtig ist der bei uns eigentlich erst nach dem zweiten Weltkrieg aufgekommen. In der Zeit davor gibt es eigentlich keine Zeugnisse, dass es in der Steiermark Strohschmuck gab“, erzählt sie. Entstanden ist der Strohschmuck wohl im Allgäu in der Zeit zwischen den Weltkriegen. „Es war eine Zeit der Armut, in der sich viele den teuren Schmuck aus Glas oder Silber nicht leisten konnten.“
Erst Mitte der 1960er erlebten die Strohsterne bei uns den ersten Hype: „Das zeigt einmal mehr: Jede Tradition, jedes Brauchtum hat einen Anfang und kann sich jederzeit ändern, wenn sich die Bedürfnisse der Menschen ändern.“
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