Tat rekonstruiert

„Der Anschlag in Magdeburg ist ein Weckruf!“

Ausland
22.12.2024 22:00

Trauer und Hass – während Angehörige und die Opfer weinen und für die Verletzten beten, marschierte ein rechter Mob durch die Innenstadt und skandierte Parolen. Ein Psychologe und Experte für Radikalisierung nimmt den ungewöhnlichen Tathergang für die „Krone“ noch einmal unter die Lupe und warnt.

„Wieso du? Wieso nur? Ich verstehe es nicht. Er war doch erst neun Jahre bei uns auf der Erde. Nun bist du bei Oma und Opa im Himmel. Du wirst immer in unseren Herzen weiterleben. Das verspreche ich dir.“ Diesen herzzerreißenden Eintrag postete die Mutter von André. Ihr Bub ist eines der fünf Todesopfer vom Magdeburger Adventmarkt. Wie berichtet, war Taleb A. – ein amtsbekannter Psychiater aus Saudi-Arabien, AfD-Anhänger und Islam-Hasser – mit einem BMW durch die Menge gerast und hatte ein Blutbad angerichtet.

Rechter Mob fordert „Remigration“
Trauer, Wut und Fassungslosigkeit dominieren auch am Sonntag noch in ganz Deutschland nach der schrecklichen Tat. Über den 50-Jährigen wurde mittlerweile die U-Haft verhängt – wegen fünffachen Mordes und Mordversuchs. Hunderte Menschen nahmen an einer Mahnwache teil, legten Blumen nieder und zündeten Trauerkerzen an.

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Viele Menschen, die mit Erwartungen kommen, finden sich in Perspektivlosigkeit wieder. Doch, dass sich daraus Hass entwickelt, der in so einer Tat gipfelt, ist ungewöhnlich.

Ahmad Mansour, Psychologe und Experte für Radikalisierung.

Zeitgleich marschierten rechtsextreme Demonstranten in Magdeburg auf und trugen ein Banner in Händen, auf dem „Remigration“ stand. Diese fordern die Rechten auch für den U-Häftling.

Experte: „Dieser Anschlag ändert alles“
Doch wie wird ein Islam-Hasser zum Amokfahrer? Ahmad Mansour, renommierter Psychologe und Experte für Radikalisierung, versucht, im Gespräch mit der „Krone“ zu erklären: „Dieser Anschlag ändert alles, was wir über Radikalisierung bis jetzt verstanden haben.“ Der mutmaßliche Täter ist für ihn ein Paradebeispiel für einen ungewöhnlichen Radikalisierungsverlauf. Als junger Mann in Saudi-Arabien lebte er in einem autoritären Umfeld, das seine Denkweise prägte.

Später entwickelte er eine starke Anti-Islam-Haltung, die ihn schließlich nach Deutschland führte. Doch die Erwartungen, die er an sein neues Leben stellte, blieben unerfüllt. Mansour: „Sein Hass auf Deutschland rührt aus einer tiefen Enttäuschung. Er sieht in der deutschen Regierung einen Komplizen des Islamismus, eine Verschwörung, die Oppositionelle missbraucht und verrät.“

„Dieser Anschlag ist ein Weckruf“
Dieser Fall zwingt Experten dazu, ihre Perspektiven zu erweitern. Mansour spricht von einer neuen Front der Radikalisierung: „Wir müssen offen sein für atypische Verläufe. Dass jemand, der aus einem Regime geflüchtet ist, später eine solche Tat begeht, sei ungewöhnlich. Er warnt: „Dieser Anschlag ist ein Weckruf.“

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