Oh, du Fröhliche ...? Weihnachten sollte die friedlichste und harmonischste Zeit des Jahres sein. Doch in vielen Familien entzünden sich spätestens mit den Kerzen am Christbaum auch Konflikte - und es wird gestritten, was das Zeug hält. Wie Sie das vermeiden können und Besinnung und Frieden – oder zumindest „Waffenstillstand“ - beim Weihnachtsessen im Kreise der lieben Verwandtschaft herrschen, erfahren Sie hier.
Bestsellerautorin Alexandra Reinwarth („Am Arsch vorbei geht auch ein Weg“) verrät uns im Interview viele kleine, aber effektive, Kniffe, wie Harmonie zum Fest kein Wunschtraum bleibt. Auch Sabine Maunz, Klinische Psychologin und Leiterin des Fachbereichs Pflege und Betreuung im Hilfswerk Österreich, hat Tipps für eine segensreiche Bescherung im Ärmel.
Stressige Adventzeit leert unsere Akkus
Gerade die Weihnachtsfeiertage sind sehr anfällig für Krach im Familienkreis. Dies ergibt sich einfach dadurch, dass nun nach einer meist stressigen Vorweihnachtszeit voller Verpflichtungen - Punschtrinken, Geschenkesuche, Abschlussarbeiten in Schule, Stress im Beruf etc. - endlich Ruhe einkehrt. Doch man ist ausgelaugt und daher sehr empfindlich, reagiert auf Kleinigkeiten übermäßig emotional.
Perfektionismus führt zu Enttäuschung
Oft sind auch die Erwartungen an den Heiligen Abend viel zu hoch gesetzt. Enttäuschungen führen zu Traurigkeit und Wut. Alles, was nicht nach Plan läuft, wird überbewertet: Schließlich hat man sich so viel Mühe gegeben, damit es allen gut geht und allen alles gefällt, und dann schälen sich die Kinder aus dem Gewand, das man so liebevoll für sie ausgesucht hat, der Partner weigert sich, bei den letzten Vorbereitungen zu helfen und trinkt aus Frust ein Gläschen zu viel, das Raclette gibt spontan den Geist auf und zu guter Letzt liegen auch noch Küchengeräte oder Unterhosen unter dem Baum. Mehr ist nicht notwendig, um das Weihnachtsfest abzuschreiben.
Dabei helfen schon einige einfache Tipps, um Weihnachten entspannt angehen und vielleicht sogar richtig genießen zu können!
Tipp 1 - Realistische Erwartungen setzen
Ob das Ganserl etwas zu trocken geraten, das Gebäck etwas zu resch ist oder die Weihnachtslieder etwas zu schief und alkoholgeschwängert gesungen werden - nehmen Sie es nicht zu ernst. Freuen Sie sich darüber, dass Ihre Familie zusammen ist und Sie einen Partner und/oder tolle Kinder haben. Je höher Ihre Erwartungshaltung, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass Sie enttäuscht werden.
Auch etwaige perfektionistische Anwandlungen haben unter dem Tannenbaum nichts verloren. Denn je mehr Sie sich selbst unter Druck setzen, desto angespannter und reizbarer sind Sie. Vorbereitungen für den Abend erledigen Sie am besten in kleinen Einheiten schon vorab, damit Sie bei der Feier selbst entspannter sind und nicht todmüde von den Arbeiten dafür. Scheuen Sie sich nicht davor, Ihren Partner oder Familienmitglieder bei den Vorbereitungen um Hilfe zu bitten (siehe Tipps unten).
Tipp 2 - Kommunizieren und Freiräume zulassen
Gerade, wenn man mit vielen Familienmitgliedern feiern will, kommen zahlreiche unterschiedliche Vorstellungen zusammen: ob man in die Kirche geht, ob vor oder nach dem Essen die Bescherung stattfindet, ob es Fisch oder Gans zu essen gibt oder darüber, wo und wie lange die Feier stattfinden soll. Ratsam ist auch, mögliche Konfliktthemen und Vorlieben bereits im Vorfeld anzusprechen. Welche Themen haben an den Weihnachtsfeiertagen überdies nichts verloren? Ob Corona, Gaza-Krieg, Trump-Wahlsieg oder die Zuckerl-Koalition: Versuchen Sie, all das im Vorfeld zu besprechen und einen Kompromiss zu finden.
Kurzbesuch kann Wunder wirken
Auch wenn Sie nur Teile des Abends miteinander verbringen, kann das Weihnachtsfest wunderschön werden - schöner, als wenn Sie krampfhaft versuchen, Ihre quasi erwachsenen Kinder unter dem Baum zu behalten, während diese gerne noch mit dem Freund oder der Freundin feiern würden. Weiters ist es empfehlenswert, nicht an Traditionen festzuhalten, wenn die Mehrheit der Anwesenden dagegen ist: Bereitet es Ihrer Familie keine Freude, Weihnachtsgedichte vorzulesen, bestehen Sie nicht darauf. Das drückt auf die Stimmung und macht im Endeffekt niemanden froh.
Tipp 3 - Gäste bewusst einladen
Wenn Sie mit manchen Familienmitgliedern nicht gut auskommen, laden Sie diese nicht aus reinem Pflichtgefühl heraus ein. Denn dann ist die Atmosphäre streitgeladen. Besteht z.B. Ihr Partner auf gemeinsamer Zeit mit seinen Eltern am Weihnachtstag und kommen Sie mit seiner Mutter nicht klar, versuchen Sie, einen kurzen Besuch zu arrangieren, den Sie jederzeit beenden können.
Reinwarth plädiert für ein ruhiges Gewissen: „Verwandte, die jedes Jahr für Stress oder Streit sorgen, müssen sie nicht einladen. Schütteln Sie diese Schuld ab, sie gehört nicht Ihnen!“
Tipp 4 - Keinen Streit entfachen lassen
Wenn Sie merken, dass eine Situation beginnt zu überhitzen, sollten Sie nicht auf jedes Reizwort reagieren, sondern das Thema wechseln oder unauffällig kurz aus dem Raum gehen, um wieder ruhig zu werden. Zu schnell entzündet sich sonst ein Konflikt.
Merken Sie, dass bewusst gestichelt wird, stellen Sie ruhig und freundlich klar, dass Sie an diesem Abend keine Diskussionen führen wollen. Auch übermäßiger Alkoholkonsum sollte vermieden werden, da das streitlustig macht bzw. die Zunge lockert.
Tipp 5 - Kein stressiges Programm aufstellen
Es ist keine Pflichtübung, an den Feiertagen durch die Wohnzimmer sämtlicher Onkeln, Tanten, Cousinen, Cousins und Nachbarn zu hetzen. Machen Sie sich nur jene Besuche aus, auf die Sie wirklich Lust haben und die sich zeitlich gut ausgehen. Wenn Ihre Kinder nicht zu allen Besuchen mitkommen wollen, sollten Sie auch das akzeptieren. Besser, Sie gehen alleine, als Sie haben den grantelnden Nachwuchs bei sich.
Tipp 6 - Was letztes Jahr nicht funktioniert hat, heuer ändern
Jedes Jahr gibt es Streit, weil der Partner an den Weihnachtsfeiertagen auch einmal mit den Freunden in ein Lokal will? Beharren Sie nicht auf ständiges Zusammensein und machen Sie sich alleine schöne Stunden. Sie werden erstaunt sein, wie sehr sich die Stimmung zum Positiven wandelt, wenn Sie auch einmal nachgeben oder nicht auf einer Tradition oder Gewohnheit beharren, die nur Diskussionen mit sich bringt.
Sabine Maunz, Klinische Psychologin im Hilfswerk Österreich, weiß, dass Weihnachten für viele Familien mehr Krisenzeit als besinnliches Zusammensein bedeutet.
„Der enorme Druck, alles müsse zu Weihnachten perfekt und harmonisch sein, führt häufig zu Konflikten zwischen den Familienmitgliedern. Dazu kommen Spannungen, deren Ursachen im vermeintlich ausgesparten Alltag liegen. Seien es berufliche Probleme, mangelnder Schulerfolg, krisenhafte Eltern-Kind- oder Paarbeziehungen. Aufgrund der emotional ohnehin intensiven Feiertage und der länger andauernden räumlichen Nähe reicht bereits ein kleiner Anlass, um den Weihnachtsfrieden abrupt zu beenden.“
Der Vollständigkeit halber sei zuletzt noch erwähnt: Gäste müssen sich nicht in allen Oberflächen spiegeln können. Verschieben Sie stundenlange Putzmarathons lieber, das spart Zeit und Nerven.
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