Deutschland wartet seit über 20 Jahren auf einen Vierschanzentournee-Sieger aus den eigenen Reihen. Vor der 73. Ausgabe trägt erstmals Pius Paschke die Last des großen Hoffnungsträgers der Co-Gastgeber. „Die acht Bewerbe vor Engelberg waren massiv gut. Da haben wir schon blöd geschaut, als er auch mit Fehlern gewonnen hat“, so Stefan Kraft.
Der 34-jährige Paschke ist in dieser Saison mit seinen Weltcupsiegen Nummer zwei bis sechs ins Rampenlicht gesprungen. Ausgerechnet bei der Generalprobe am Schauplatz seines ersten Erfolges aus dem Vorjahr in Engelberg patzte der Weltcup-Leader aber zweimal.
Ob das erste Anzeichen eines Formknicks sind, oder nur zwei Ausrutscher bei den in der Schweiz schlechten Witterungsbedingungen, wird sich am Wochenende beim Auftakt in Oberstdorf zeigen. Gutes Omen war das Trikot des Weltcup-Spitzenreiters für die Deutschen zuletzt jedenfalls keines, Richard Freitag (2017/18) und Karl Geiger (2021/22) gingen als Gesamtführende bei der Tournee jeweils leer aus.
Die auch schon seit zehn Jahren auf einen Gesamtsieg wartenden ÖSV-Springer haben Paschke nach dessen Traumlauf aber natürlich auf der Rechnung. „Er ist sicher auch ein Topfavorit“, sagte Stefan Kraft. Der Salzburger lässt Andreas Wellinger ebenfalls nicht außer Acht. „Andi kann die Tourneeschanzen sehr gut und hat heuer auch schon mal gewonnen“, betonte der Tournee-Champion von 2014/15.
Paschke in neuer Rolle gefordert
Der im Saisonverlauf noch sieglose Kraft selbst zählt wie seine Teamkollegen Daniel Tschofenig und Jan Hörl zu den schärfsten Konkurrenten von Paschke. „Pius ist sicher der Favorit für die Tournee, weil er einfach schon fünf Siege hat und konstant war“, sagte Tschofenig. ÖSV-Skisprungchef Florian Liegl ist gespannt, wie Paschke mit der neuen Situation als heißer Sieganwärter umgehen wird. „Es wird für Pius eine interessante Situation sein, als Topfavorit in die Tournee zu gehen“, sagte Liegl.
Hörl rechnet nicht mit einem Einbruch von Paschke. „Pius war sehr konstant, auch wenn es in Engelberg nicht so hingehaut hat. Ich glaube, dass er sicher nicht den Kopf hängen lässt, sondern richtig stark wieder zurückkommt. Da heißt es für uns fighten und versuchen, denjenigen, der vorne ist, zu ärgern“, meinte der Salzburger. Er sieht sein Team in der Jäger-Position. „Die Rolle passt sehr gut zu uns. Das ist fast die bessere Variante, als der Gejagte zu sein.“
Zweikampf Österreich-Deutschland zu erwarten
Vieles deutet darauf hin, dass das Traditionsevent diesmal zu einem reinen Länderkampf zwischen Österreich und Deutschland wird. Gemessen an Siegen haben die Deutschen im bisherigen Verlauf des Winters mit sechs die Nase vorne. Die jeweils zweimal erfolgreichen Hörl und Tschofenig räumten gemeinsam mit Kraft und anderen ÖSV-Athleten aber nahezu alle restlichen Podestplätze ab. Hörl und Tschofenig lagen zudem vor der Weihnachtspause in Engelberg ganz vorne.
„Die Chance ist groß, dass der Sieger dieses Jahr aus Deutschland oder Österreich kommt. Die Österreicher gehen als Kollektiv natürlich favorisiert in die Tournee. Der Weg zum Sieg wird über diese Mannschaft führen“, sagte der ehemalige DSV-Trainer Werner Schuster. Für Kraft oder einen deutschen Sieger spricht laut dem Eurosport-Experten die Erfahrung, zumal andere wie Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi bisher gar nicht überzeugen konnten. „Die DSV-Athleten sind sehr erfahren. Das kann ein Vorteil sein, denn abgesehen von Stefan Kraft sind eigentlich alle Mitfavoriten auf den Tournee-Sieg Neulinge in dieser Rolle.“ Wird Paschke den Erwartungen gerecht und übertrumpft er die ÖSV-Armada, wäre er der erste deutsche Tournee-Sieger seit Sven Hannawald 2001/02.
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