Aus „Confetti Tivi“

30 Jahre Rolf Rüdiger: Lieblingsratte der Nation

Unterhaltung
28.12.2024 19:30

Vor exakt 30 Jahren revolutionierte „Confetti Tivi“ das Kinderfernsehen in Österreich. Einen großen Anteil daran hatte Puppenmacher Stefan Gaugusch, der von Titelheld Confetti und den noch populäreren Rolf Rüdiger verantwortlich zeichnete. Mit der Ratte ist er heute noch im Radio erfolgreich – und erinnert sich im „Krone“-Talk an anarchisch-freie Zeiten des Aufbruchs.

Weißes T-Shirt, zerrissene Jeans, lässige Sneakers, Ohrring und eine freche Schnauze – so kennen und lieben die Österreicher Rolf Rüdiger seit mittlerweile 30 Jahren. Die „Ratte der Nation“ ging 1994 an der Seite des grünhaarigen „Puppen-Punk“ Confetti bei „Confetti Tivi“ on air. Von April 1994 bis September 2008 prägte die in der dritten Generalintendanten-Ära Gerd Bachers erfundene Kindersendungsreihe mehrere Generationen Heranwachsender mit einem frechen und zuweilen anarchischen Programm voller Witz und Unkorrektheiten. Erfinder der beiden Kultpuppen ist der gebürtige Linzer Stefan Gaugusch, auf dessen Kreativkonto unter anderem auch der beliebte Wetterfrosch Quaxi geht. „Damals wurden noch Arminio Rothstein und Thomas Brezina mit dem beliebten Dinosaurier Bronti vorstellig“, erinnert sich Gaugusch im Gespräch mit der „Krone“, „das war natürlich gewohnte Qualität. Dann nahm ich den Confetti-Kopf raus und ihm fiel ein Auge runter - das war schon mal ein Lacher und die Figur hat funktioniert.“

Zwischen Nilpferd und Ratte
Die peppigere Ausrichtung des Kinderfernsehens spielte Gauguschs Figuren in die Karten. „Der Vergleich ist ein bisschen hochgegriffen, aber das war anfangs ähnlich polarisierend wie Pippi Langstrumpf. Confettis Stimme war sehr intensiv und ging den Erwachsenen auf die Nerven – dementsprechend beliebt war sie bei Kindern. Rolf Rüdiger stieg im Vergleich dazu sehr gut aus.“ Wie oft in der Comic- und Puppenszene wurde der „Sidekick“ zum Superstar. „Confetti war der Anker, ähnlich wie die Micky Maus. Da waren dann aber auch die Nebenfiguren interessanter und spannender. Beim Confetti hast du nicht gewusst, was das ist. Ein Nilpferd? Die Tina Turner nach dem Waldbrand? Rolf Rüdiger war eine Ratte, ganz klar. Er war einfacher zu fassen und hat an Beliebtheit gewonnen.“

Rolf-Rüdiger-Vater Gaugusch im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein. (Bild: Urbantschitsch Mario/Mario Urbantschitsch)
Rolf-Rüdiger-Vater Gaugusch im Gespräch mit „Krone“-Redakteur Robert Fröwein.

In der „goscherten“ Herangehensweise des Rolf Rüdiger hatte Rattenvater und -sprecher Gaugusch einst ungewohnte Freiheiten. „Die jeweiligen Verantwortlichen im ORF haben uns diesen Freiraum damals gelassen. Sie haben die Kritiker von uns weggehalten und das zarte Pflänzchen gedeihen lassen. Heute wäre das unvorstellbar. Da wird jede Idee zu Tode getestet und übrig bleibt ein Schas im Wald. Wir konnten ,Confetti Tivi‘ knapp 15 Jahre lang gestalten und waren damit wirklich erfolgreich. Ich weiß noch genau, als ich den Rolf Rüdiger das erste Mal im Laden zum Kaufen gesehen habe und mir dachte: ,That’s my boy‘“. Ob die unkonventionelle Ausrichtung des Kinderprogramms korrekt war, könne man diskutieren. „Der Boden, der ,Confetti Tivi‘ bereitete, war ein extrem konservatives Kinderprogramm, das es davor gab. Heute sind die Sender wieder stärker in diese Richtung zurückgegangen.“

Manchmal fliegen die Fetzen
Gaugusch wundert gerade in Zeiten von Krisen, Kriegen und Klimadiskussionen, dass das Korrektheitsempfinden in der Gesellschaft noch immer so ausgeprägt ist. „Normalerweise müssten Theater, Musicals und Programme mit viel unterhaltsameren Projekten reagieren, um die Leute besser abzulenken. Diese konservative Haltung wird von einem relativ kleinen Teil der Gesellschaft vorgegeben und durchgezogen. Das Fernsehen ist – mit Verlaub – tot. Das Radio witzigerweise nicht.“ Rolf Rüdiger ist zwar seit 2008 nicht mehr auf der Mattscheibe zu sehen, dafür seit 20 Jahren Fixstarter bei Radio Wien. Gaugusch und Moderator Robert Steiner spielen sich dabei die Wuchteln zu – nicht immer im seligen Frieden. „Manchmal fliegen bei uns schon die Fetzen, aber auf Sendung sind wir immer professionell“, lacht Gaugusch, „selbst wenn wir uns zuweilen verachtet haben, hat man außen nie was davon bemerkt.“

Gaugusch war es mit Rolf Rüdiger immer wichtig, Kinder für voll zu nehmen. „Kinder checken sofort, ob irgendwas nur so kindlich-bunt daherkommt und sie betüdeln will. Wir waren uns immer voll bewusst, für wen wir arbeiten und haben das gerne gemacht.“ Mit seinen Figuren wollte der Linzer vor allem eines – unterhalten. „Das war mir ein Bedürfnis. Mein Anspruch war immer, dass Kinder frei von der Leber weg lachen sollen. Es gibt meiner Meinung nach nichts Geileres, als ein dreckiges, ungefiltertes Kinderlachen. Dort laden sie ihre Batterien auf. Man wird eh schon zu Hause, im Kindergarten und in der Schule mit Informationen zugestopft - da ist es wichtig, dass sich Kinder auch einmal völlig davon lösen können.“ „Confetti Tivi“ vermittelte nicht zuletzt auch die wichtige Botschaft von Freundschaft und Zusammenhalt. „Kinder hängen heute vielleicht öfter am Handy, aber im Grunde ist es so wie früher: Sie lachen noch genauso gerne und wollen sehen, wie der Bösewicht gefangen und erledigt wird. Dass sie prinzipiell zu den Guten halten, ist auch für die Gesellschaft tröstlich.“

Witze über den Karlich-Popo
Als Rolf Rüdiger darf sich Gaugusch noch immer weiter aus dem Fenster lehnen, als es üblicherweise im Unterhaltungsprogramm vorgesehen ist. „Mir ist vollkommen bewusst, dass mein Job als Rolf Rüdiger heute im Radio jederzeit gecancelt werden kann, weil mir irgendwo was rausrutscht, was sich nicht mehr gehört. Da gab es schon oft Tendenzen. Einmal habe ich einen Witz über die Frisur von Mausi Lugner gemacht. Das wurde als Bodyshaming und Frauenfeindlichkeit aufgefasst und ging bis zur Gleichstellungskommission. Ich bekam böse Leserbriefe, weil ich den Begriff ,Mädchenname‘ verwendet habe oder eine Kollegin als ,Nachrichtentante‘ bezeichnete.“ In erster Linie ist Rolf Rüdiger aber selbstironisch. Er futtert gerne (zu viel) Käse und steht auf fülligere Frauen. „Früher habe ich Witze über den Popo von Barbara Karlich gemacht. Ich wollte mich irgendwann bei ihr dafür entschuldigen, aber sie meinte nur: ,Der ist ja groß genug.‘ Toller Humor. Heute ist alles mühsamer geworden.“

Die rotzfreche Ratte Rolf Rüdiger begeistert seit 30 Jahren im Fernsehen und im Radio. (Bild: Urbantschitsch Mario/Mario Urbantschitsch)
Die rotzfreche Ratte Rolf Rüdiger begeistert seit 30 Jahren im Fernsehen und im Radio.

Eine freche Anarcho-Ratte wie Rolf Rüdiger sei gerade in Zeiten wie diesen umso wichtiger. Nicht zuletzt der Zuspruch des Radiopublikums zeigt, dass ein überkorrektes Humorempfinden nicht zwingend salonfähig ist. Das Online-Zeitalter könnte Rolf Rüdiger durchaus wieder einem jüngeren Publikum zugänglich machen. „Das wäre durchaus machbar und ein interessantes Projekt. Durch das Format ,Wow‘ auf Radio Wien ist die Ratte schon vom Kinder- ins Erwachsenenformat gewechselt. Der Schmäh ist aber derselbe geblieben und es verstehen auch die Erwachsenen, warum der Rolf bei den Kindern früher so attraktiv war.“ Wichtig sei in der Funktion als Radioratte eine gewisse Art von Sensibilität. „Immer nur nach oben treten, nicht nach unten. Das gilt allgemein für Humor und ist wichtig. Deshalb lacht man auch lieber, wenn der Kasperl dem Polizisten oder dem König eine auflegt.“

Der dritte Rattenmann
Der mittlerweile 57-jährige Gaugusch ist mit den Jahren aber selbst milder geworden. „Ich bemerke bei mir auch, dass ein gewisses Streben nach Harmonie Einzug gehalten hat. Vielleicht war ich früher schon mal mutiger und hemmungsloser. Geradliniger, wenn es darum geht, Sachen raus zu rülpsen.“ Dass er seit 30 Jahren mehrere Generationen Kinder mitgeprägt hat, fühlt sich für den moderierenden Puppenspieler gut an. „Ich stelle mir das ein bisschen so wie bei Lehrern vor, die alle vier Jahre eine Generation in die Welt entlassen und dann sehen, was aus ihnen geworden ist. Das fühlt sich schon sehr gut an.“ Der aktuelle Rolf Rüdiger ist mehr als 30 Jahre nach seiner Erfindung übrigens erst der dritte überhaupt. „Für 33 Jahre keine schlechte Bilanz“, schmunzelt Gaugusch, „es gibt schon ein paar neue Schichten Plüsch und einen neuen Schwanz. Und was nicht alle wissen: Er hat ein Zipferl. Das war mir wichtig. Nur herzeigen durften wir es nie – das ist im Öffentlich-Rechtlichen nicht möglich.“

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