Wenn Riccardo Muti am ersten Jänner Walzer dirigiert, liegt ein Jahr harter Arbeit hinter ihm. Für ein Konzert, das alle Dimensionen sprengt.
Rund 1700 Sitzplätze besitzt der Goldene Saal. Die müssen erst verkauft werden. Doch am ersten Jänner könnte man den Musikverein unzählige Male füllen. So begehrt sind die Karten für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.
Und die Nachfrage steigt: „Es wird jedes Jahr mehr. Es sind Zigtausende, ein Wahnsinn“, berichtet Michael Bladerer, der Geschäftsführer des als Verein organisierten Orchesters. Sein Vorstand Daniel Froschauer ergänzt: „Wir haben diesmal zum ersten Mal alle Karten personalisiert. Damit wissen wir genau, wer in das Konzert geht. Das war ein wichtiger Schritt, um den Schwarzmarkt zu unterbinden.“
Aufgrund des Runs auf die Karten werden sie inzwischen verlost. Es bleibt reine Glücksache, auch wenn man es schon seit Jahren versucht: „Die Verlosung muss objektiv sein. Da werden aus den zigtausenden Bewerbungen die glücklichen Gewinner gezogen. Manche sagen dann wieder ab, auch weil ihnen die Kartenpreise vielleicht doch zu hoch sind“, so Bladerer. Die liegen tatsächlich im absoluten Spitzenfeld. Beim Konzert am 1. Jänner zwischen 35 € und 1200 €, beim Silvesterkonzert am 31. Dezember zwischen 25 € und 860 €. Der Nachfrage tut das dennoch keinen Abbruch.
In Sachen Vermarktung sind die Wiener Philharmoniker mit ihrem Neujahrskonzert jedenfalls Weltmeister: Der ORF „macht die schönen Bilder“, so Froschauer, die EBU, die Europäische Rundfunkunion, sorgt für die Verbreitung, das Plattenlabel des Orchesters produziert CD, DVD und LP – doch die Fäden für das „mit Abstand größte Fernsehkonzert der Welt“ laufen alle beim Orchester zusammen. Das belegt übrigens im TV-Konzert-Ranking mit dem Schönbrunner Sommernachtskonzert und ihrem EBU-Konzert auch die Ränge zwei und drei.
Doch der erste Jänner bleibt der Superlativ: „Alle Dirigenten sagen, das ist das schwerste Konzert ihres Lebens. Sie zittern und schwitzen Blut. Bei den Walzern sind ja keine acht Takte im gleichen Tempo. Jeder Übergang muss delikat sein. Macht man zu viel, ist es kitschig, macht man nichts, ist es fad“, erklärt Bladerer.
Die Gage wird unter den Mitgliedern fair aufgeteilt
Ein Jahr lang bereiten sich die Dirigenten auf das Event vor. So hat auch Froschauer, der fürs Programm zuständig ist, schon letzten Jänner Riccardo Muti zu Hause in Ravenna besucht, um mit ihm die Stückauswahl2025 zu besprechen. Darunter mit Constanze Geigers „Ferdinandus-Walzer“ das erste Stück einer Frau bei einem Neujahrskonzert.
Nachdem sich die Philharmoniker als demokratischer Verein verstehen, wird übrigens auch die Gage fürs Neujahrskonzert, über dessen Höhe natürlich Stillschweigen gewahrt wird, nach einem gerechten System aufgeteilt. Denn nicht jedes Mitglied hat jedes Jahr Platz auf dem Podium. Manche Musikergruppen wechseln sich sogar im Radl ab, um die Neujahrsgrüße aus Wien in die Welt zu schicken.
Die höchsten Einschaltquoten hatten zuletzt Israel und die Ukraine. Daniel Froschauer hat das berührt, „denn man sieht, wie sich die Menschen gerade dort nach einer Stunde Schönheit, Hoffnung, Frieden und Liebe in dieser Musiksehnen.“
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