Die Zusammensetzung Wiens Schulklassen spiegelt den weltweiten Migrationsdruck wider, und die Entwicklungen der letzten Jahre haben die Deutschförderklassen zu einem Brennpunkt bildungspolitischer Diskussionen gemacht.
Schon Mitte des vergangenen Jahres prophezeite die „Krone“ eine dramatische Verschiebung bei den Erstsprachen in Wiens Schulen - und sie behielt recht. Arabisch, Türkisch und die Sprachen des ehemaligen Jugoslawiens prägen heute den Schulalltag stärker denn je. Was für die kulturelle Vielfalt ein Gewinn sein mag, entwickelt sich für das Schulsystem zu einer immer größeren Herausforderung.
Familiennachzug ins Klassenzimmer
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Von den rund 19.700 Kindern und Jugendlichen, die als „außerordentlich“ eingestuft wurden – weil ihre Deutschkenntnisse für den regulären Unterricht nicht ausreichen -, spricht ein Drittel Arabisch als Erstsprache. Unter Schulanfängern liegt der Anteil bei 26 Prozent. Der Grund dafür ist der Familiennachzug, durch den anderthalb Jahre lang monatlich rund 300 syrische Kinder neu an Wiens Schulen kamen. Erst in den letzten Monaten haben sich diese Zahlen wieder beruhigt. Das geht aus einer aktuellen Auswertung der Bildungsdirektion hervor.
Viele dieser Kinder haben Jahre in türkischen Flüchtlingslagern verbracht, oft ohne jegliche Schulerfahrung. Um diesen besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden, schuf Wien im Frühjahr sogenannte Orientierungsklassen. Dort lernen die Kinder innerhalb von zwei Monaten die Grundlagen der deutschen Sprache – unterstützt von Lehrkräften, die sowohl Deutsch als Zweitsprache als auch die Muttersprache der Kinder beherrschen. Gleichzeitig erhalten die Eltern eine Einführung in das österreichische Schulsystem.
Ukrainische Schüler: Eine andere Dynamik
Im Vergleich dazu fällt die Zahl der Kinder mit Ukrainisch als Erstsprache überraschend gering aus. Obwohl monatlich etwa 2000 Personen aus der Ukraine nach Österreich kommen, sind es in Wiens Schulen nur 2800 Schüler mit ukrainischem Hintergrund, von denen ein Drittel Deutschförderung benötigt. Ein signifikanter Anstieg ist laut Bildungsdirektion nicht zu verzeichnen.
Die Vielfalt der Sprachen
Die sprachliche Vielfalt in Wiens Deutschförderklassen ist groß. Neben Arabisch und Ukrainisch stellen Türkisch (13 Prozent), Serbisch (7 Prozent), Rumänisch (5 Prozent) und Albanisch (3 Prozent) die häufigsten Erstsprachen dar. Diese Diversität spiegelt sich auch in den Angeboten der Schulen wider: Rund 200 Bildungseinrichtungen bieten Unterricht in insgesamt 24 Sprachen an und erreichen damit etwa 18.000 Schüler.
Herausforderungen im System
Besonders brisant ist der Umstand, dass 45 Prozent der Schulanfänger in Wien als außerordentlich eingestuft wurden. Viele dieser Kinder sind in Österreich geboren und haben durchschnittlich zwei Jahre Kindergarten besucht. Auffällig: Vor allem bei türkischen Familien wird die deutsche Sprachförderung offenbar vernachlässigt. Die Einstufung als außerordentlich bedeutet für sie, dass sie maximal zwei Jahre lang in bestimmten Fächern nicht benotet werden und bis zu 20 Stunden Deutschförderunterricht erhalten.
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