Die Liebe zur Country-Musik war bei Beatles-Drummer Ringo Starr immer da. Mehr als 50 Jahre nach seinem letzten Country-Werk veröffentlicht er kurz vor seinem 85. Geburtstag das neue Album „Look Up“. Ein gediegenes Alterswerk, das vor allem seine Liebe zur Musik in den Vordergrund kehrt.
Auch Anfang 2025 geistern die lustigen Memes von Rolling-Stones-Legende Keith Richards erfolgreich durchs Internet. Etwa als Anführer der Arche Noah oder mit zwei Babys in der Hand, die als Kain und Abel bezeichnet werden. Dabei ist die Beatles-Schlagzeuger-Legende Richard Starkey aka Ringo Starr sogar um noch eine Ecke älter – und spielt nach wie vor das physisch anstrengendste Instrument des Rock-Universums. Im Juli feiert der oft als „schwächster Beatle“ bezeichnete Brite bereits seinen 85. Geburtstag, glücklicherweise erfreut er sich bester Gesundheit. Die Mischung aus Vegetarismus, täglicher Meditation, seinem praktizierten Buddhismus und der unbändigen Liebe zur Musik tut ihm ohne Zweifel gut. Sechs Jahre nach dem gutklassigen Album „What’s My Name“ und einer Wagenladung EPs hatte Ringo jetzt wieder Lust auf ein richtiges Album.
Schicksalshafte Begegnung
„Look Up“ versüßt nicht nur Beatles-Fans den meist eh recht dürren Jahresbeginn. Auf seinem bereits 21. Solowerk geht Starr nämlich weit zurück in seine eigene Vergangenheit und lässt seiner Liebe für erdige Country-Musik freien Lauf. Beatles-Experten wissen natürlich – da war ja was. Von Starr gesungene Songs der „Fab Four“ wie etwa „Act Naturally“, „What Goes On“ oder „Don’t Pass Me By“ hatten schon einen starken Country-Einschlag, sein zweites Solowerk „Beaucoups Of Blues“ aus dem Jahr 1970 hat sich dann ganz und gar dieser musikalischen Richtung verschrieben. In diesem Jahr lernte Star auch T Bone Burnett kennen, der sich nicht nur als jahrelanger Gitarrist von Bob Dylan, sondern auch als allumgreifender Country-Produzent und musikalischer „Partner in Crime“ der Coen-Brothers in Hollywood (u.a. „The Big Lebowski“) einen Namen machte. 2022 haben sich die beiden in Los Angeles wieder getroffen und Starr fragte Burnett nach einem Song für eine geplante EP.
Der Produzent fühlte sich von der Legendenanfrage offenbar inspiriert und motiviert und legte sich voll ins Zeug. Beim nächsten Treffen hatte er nicht weniger als neun Songs in der Tasche, die schlussendlich auch zu diesem Album führten, das ursprünglich gar keines hätte sein sollen. „Ich habe Country-Musik immer geliebt“, gab Starr in einem Statement bekannt, „als ich T Bone um einen Song bat, dachte ich gar nicht zwingend an eine Country-Nummer. Ich hatte schon eine Country-EP im Hinterkopf, aber es war keine starre, klar festgelegte Idee. Als ich die neun Songs hörte, wusste ich, dass ich daraus ein Album machen müsste. Das Album einzuspielen und zu produzieren hat unheimlich viel Spaß gemacht und ich hoffe, es macht genauso viel Spaß, es zu hören.“
Alte Liebe rostet nicht
Starr hat – natürlich – alle Schlagzeugspuren eingespielt und ist für den männlichen Gesang zuständig. Als einer der zwei überlebenden Beatles lagen ihm Gäste ergeben zu Füßen. So hört man etwa Molly Tuttle, Billy Strings, die dieses Jahr auch wieder in Wien aufspielenden Larkin Poe und Country-Sängerin Alison Krauss in verschiedenen Ausführungen auf „Look Up“. Billy Swan schrieb dann noch den Song „You Want Some“, Starr selbst arbeitete mit Co-Produzent Bruce Sugar am Closer „Thankful“, wo sich der Künstler in bester Hippie-Manier dankbar gegenüber dem Leben und seinen vielen schönen Facetten zeigt. Die Liebe zum Country sei dem Wahl-Amerikaner schon in seiner alten Heimat in die Wiege gelegt worden. Dem Sound sei man nämlich auch in der Beatles-Heimat Liverpool durchaus zugetan gewesen, gab Starr Ende 2024 in Interviews kund, schließlich würde Country rundum für eine Working-Class-Mentalität stehen.
Musikalische Wunderdinge sollte man sich von „Look Up“ keine erwarten. Dass Ringo Starr schon in frühen Jahren keine Profession als Sänger antrat, hatte seine Gründe. Dazu plätschern Songs wie die Single „Time On My Hands“, „I Live For Your Love” oder „Rosetta” zumeist im gemächlichen Tempo vor sich hin, ohne den großen Biss für Genre-interne Revolutionen aufzurufen. Ein Ringo-Starr-Werk anno 2025 misst man aber natürlich nicht mit herkömmlichen Maßstäben, sondern setzt es in Relation mit seiner eigenen Legende, den Einfluss auf die globale Popkultur und den simplen Faktor, dass der Mann in einem Alter, wo andere Tauben im Park füttern, noch immer gerne mit Musik- und Altersgenossen auf Tour geht, um die Botschaft von „Love And Peace“ musikalisch über die Welt zu tragen.
Ein kreativ Getriebener
„Look Up“ wird sich keinen Eintrag in den späteren Jahresbestenlisten erarbeiten können, spiegelt aber die unbändige Leidenschaft für das Kreative eines kreativ Getriebenen in sanfter Art und Weise wider. Das Werk begleitet einen beim Hören wie ein gemütlicher Früchtetee am Abend. Unaufgeregt, aber wohltuend und irgendwie anheimelnd. Viel wichtiger ist die Info, dass Starr das Album Mitte Jänner zumindest zweimal live in Nashville vorstellt und damit eventuell auch noch einmal auf Tour geht. Erst unlängst begleitete er kurz vor Weihnachten seinen alten Kompagnon Paul McCartney zu dessen letzter Tourshow bei den Beatles-Songs „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ und „Helter Skelter“ live am Schlagzeug. Und bei den Granden der Pop-Historie weiß man ja nie - vielleicht setzt sich Paul irgendwann auch mal einen Stetson auf, wenn er Ringo bei „Look Up“-Songs unterstützt …
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