Das Verfahren musste bereits zum zweiten Mal durchgeführt werden, da das erste Urteil vom Oberlandesgericht aufgehoben worden war. Beim letzten Gerichtstermin erschien der 42-jährige Däne Thomas S. nicht, doch diesmal waren endlich alle Beteiligten anwesend. Richter Stefan Koller betonte gleich zu Beginn, dass dies kein familienrechtliches Verfahren sei und "die Sorgerechtsgeschichten" ausgeklammert bleiben sollten.
Vater: "Oliver hat gelächelt"
Der Vorfall vor dem Kindergarten wurde von den Eltern unterschiedlich dargestellt. Der Däne schilderte, dass er mit seinem - immer noch unbekannten - Komplizen nach Graz gekommen war. Der Begleiter stellte sich der Kindsmutter in den Weg, während Thomas S. den Buben aus dem Auto hob. "Oliver hat gelächelt, als er mich gesehen hat, und nur gefragt, wo wir hinfahren", schilderte der Vater. Die Mutter sei "wie versteinert" am Straßenrand gestanden, so der Beschuldigte.
Die Mutter Marion W. beschrieb dann den Vorfall vor dem Kindergarten aus ihrer Sicht. Sie sei vom Komplizen des Angeklagten gegen die Autotüre gedrückt worden und habe deshalb nicht zu ihrem Sohn können. "Ich hatte Angst, ich sehe meinen Sohn nie wieder", so die Zeugin. Seit damals habe sie ihr Kind nur ein einziges Mal gesehen und seit Februar nicht einmal mehr mit dem Buben telefonieren können.
"Internationales Sorgerecht"
Der Vater vertrat auch diesmal wieder die Überzeugung, er habe auch in Österreich das Sorgerecht, das tatsächlich die Mutter innehat. "Wie kommen Sie darauf?", hakte die Anwältin der Mutter nach. "Weil die dänische Entscheidung nach meiner Rückkehr mit Oliver erneut bestätigt wurde, ich habe auch das internationale Sorgerecht", ist der Däne überzeugt. Von diesem "internationalen Sorgerecht" wusste außer ihm allerdings niemand etwas.
Nicht gerade zur Entspannung der Situation trugen die finanziellen Forderungen von Marion W. bei, die nun vom Vater des Buben 183.000 Euro möchte. Schmerzensgeld, Verdienstentgang, Anwalts- und Reisekosten machte sie geltend. Seit ihrer Rückkehr nach Österreich - sie brachte ihrerseits 2010 den Buben von Dänemark nach Österreich - hat sie nicht mehr gearbeitet.
Däne meldete Berufung an
Das Urteil lautete ein Jahr bedingte Haft wegen schwerer Nötigung und Kindesentziehung. "Sie haben sich entschieden, zur Selbstjustiz zu greifen, weil Sie in Österreich alle Verfahren verloren haben", so der Richter zum Angeklagten. Der Mutter sprach er 1.000 Euro zu, den Rest muss sie in einem Zivilverfahren einklagen. Der Angeklagte meldete sofort volle Berufung an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.
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