Wegen seines in der Vergangenheit sexistischen Frauenbildes und der stellenweise rassistischen Sprache bekommt der Journalist Thilo Mischke nun doch keinen TV-Job im deutschen Fernsehen. Die Entscheidung fiel offenbar nach einem Protest-Brief von Kulturschaffenden.
Thilo Mischke wird doch nicht Moderator des ARD-Kulturmagazins „ttt – titel, thesen, temperamente“. Für die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt hat die in den vergangenen Tagen entstandene „heftige Diskussion um die Personalie Thilo Mischke“ die für die ARD „zentralen und relevanten Themen, die wir mit der Sendung und Marke ,ttt‘ transportieren und gemeinsam mit der Community diskutieren möchten“ überschattet, heißt es in der Begründung.
Im Fokus stand Mischkes frühere Autorentätigkeit, in der er sich frauenfeindlich und rassistisch geäußert haben soll. Über 100 Kulturschaffende hatten sich zuletzt in dem Brief an die Programmverantwortlichen der beteiligten öffentlich-rechtlichen ARD-Häuser gewendet. Man schließe eine Zusammenarbeit mit Mischke aus und sei „bestürzt über diese Personalentscheidung der ARD, mit der die Kultursendung ttt – titel thesen temperamente nachhaltig beschädigt wird“. Dem Inhalt des offenen Briefes schlossen sich auch die österreichischen Autorinnen Mareike Fallwickl und Gertraud Klemm an.
Wie lief der Fall ab?
Vor Weihnachten hatte die ARD bekanntgemacht, dass Mischke ab Mitte Februar mit Siham El-Maimouni die Moderation der Sendung übernimmt, die traditionell sonntags am späten Abend im Ersten ausgestrahlt wird. „ttt“ zählt zu den bekanntesten Kultur-Formaten der ARD. Die Sendung gibt es seit 1967. Im vergangenen Jahr schalteten durchschnittlich rund 850.000 Zuschauer (Marktanteil 7,4 Prozent) ein. Zudem starte Mischke einen Kultur-Podcast mit der Autorin Jule Lobo, hatte es von der ARD geheißen.
Der Journalist und Autor hatte seinen neuen Job für das öffentlich-rechtliche Fernsehen auf Instagram bekanntgemacht – und sich seither nicht mehr zu dem Fall und der Kritik geäußert. Im Netz war unterdessen der Unmut lauter geworden.
Warum die Kritik?
Die Kritik, die Mischke und der ARD entgegenschlägt, dreht sich um die Vergangenheit des Journalisten und Autoren. Im Gespräch war etwa sein Buch „In 80 Frauen um die Welt“ aus dem Jahr 2010. Mischke reiste wegen einer Wette, 80 Frauen zu verführen, um die Welt. Daraus entstand das Buch.
Die ARD hatte zunächst an der Personalie Mischke trotz Kritik festgehalten und betont: „,ttt‘ stellt sich gegen jede Form von Sexismus und Rassismus und steht, genauso wie Thilo Mischke, für Meinungsvielfalt und Toleranz.“ Seit der Veröffentlichung habe er sich „intensiv und selbstkritisch mit den Vorwürfen, darin ein sexistisches Frauenbild vermittelt und stellenweise rassistische Sprache benutzt zu haben, auseinandergesetzt“.
Viel mediale Aufmerksamkeit für Causa
Die Unterzeichner des offenen Briefs hingegen werfen Mischke auch vor, sich eben nicht kritisch mit seinem früheren Werk auseinandergesetzt und sich nicht ausreichend distanziert zu haben. Einige Kommentare beschäftigten sich auch am Samstag mit der Debatte: Die Kritik an Mischkes früherem Zugang „sollten die öffentlich-rechtlichen Programmgestalter ernst nehmen“, heißt es etwa in der „taz“.
Wer jetzt in Bezug auf Mischke „Cancel Culture ruft, irrt. Die Unterzeichnenden (des offenen Briefs, Anm.) haben gute Gründe, warum sie Mischke auf diesem Posten verhindern wollen“, so etwa ein Kommentar im „Kölner Stadtanzeiger“. Anders tönte es in der „Berliner Morgenpost“: „Vielleicht ist Thilo Mischke ein Knallkopf. Aber wer kann eigentlich noch Knallköpfe aushalten, wenn auch Kulturmenschen die Gedankenfreiheit abschaffen wollen?“
Auf dem Instagram-Profil von „ttt“ war schon zu Weihnachten zu lesen, dass man nicht nur Unterstützung, sondern auch kritische Rückmeldungen erhalten habe. „Eines vorweg: Wir hören euch.“ Man bat um Zeit, um das Thema aufzuarbeiten.
Hochkarätige Auszeichnungen in den vergangenen Jahren
Mischke ist seit Jahren vor allem durch Reportagen für den privaten Fernsehsender ProSieben bekannt. Er gewann 2023 den Deutschen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage „Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban“.
Vor der vergangenen Bundestagswahl in Deutschland interviewte Mischke im April 2021 für ProSieben die damals erst frisch gekürte Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Grüne). 2020 gewann er den Bayerischen Fernsehpreis für seine ProSieben-Reportage „Deutsche an der ISIS-Front“ über Menschen, die für die Terrormiliz Islamischer Staat in den Krieg ziehen.
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