Mit Designs im Retrostil à la Renault 5 und Alfa 33 oder revitalisierten Namen wie Ford Capri suchen Automobilhersteller Fortschritt in der Vergangenheit. Keine Zukunft ohne Herkunft lautet daher das Credo für 2025.
Sogar vermeintlich junge chinesische Player wie GWM (Great Wall) verweisen stolz auf ihre Vergangenheit. Die über 300 automobilen Jubiläen im Jahr 2025 geben den Marken willkommenen Anlass zu Geburtstagsfeiern oder dem Revival weiterer historischer Namen. So startet der kommende Opel Manta zum 50. Jahrestag des legendären Sportcoupés Manta B. Aber auch wer in der modernen Welt multimodal unterwegs ist, wird feststellen, dass der Mix aus unterschiedlichen Verkehrsmitteln eine beeindruckende Historie hat.
Vor 200 Jahren startete die Ära des Eisenbahnzeitalters mit der von Robert Stephenson in Großbritannien gebauten Lokomotive „Nr. 1“, zehn Jahre später (1835) dampfte die erste deutsche Eisenbahn, „Adler“ genannt, zwischen Nürnberg und Fürth. Vor 140 Jahren erhielt der Automobilpionier Gottlieb Daimler gleich zwei Patente, für den „Reitwagen„ als Urahnen des Motorrads und für die „Petroleumkraftmaschine„ als ersten speziell fürs Auto entwickelten Motor. In der Fahrradproduktion wiederum hatten viele Automobilhersteller ihre Ursprünge, so Skoda, die vor 130 Jahren unter dem Namen Laurin & Klement anfingen.
Ein Jahrhundert Automobilbau feiert 2025 dagegen Ford Deutschland. Im Berliner Westhafen begann die Fertigung des berühmten Ford Model T, ehe in Köln der Grundstein für ein Werk gelegt wurde, dessen Zukunft heute unklar scheint. Fords Model T war das erste für die Masse erschwingliche Automobil, vor 80 Jahren (1945), nach Ende des Zweiten Weltkriegs, kam dann der Volkswagen Käfer richtig in Fahrt. 27 Jahre später lief der 15.007.034ste Käfer vom Band und übertraf die bisherige Rekord-Produktionsstückzahl des Ford-T-Modells.
Frühe bezahlbare Volksautos gab es auch von anderen Herstellern. Vor 100 Jahren ließ Hanomag in Hannover seinen vom Volksmund „Kommissbrot„ genannten Kleinwagen vom Band rollen, vor 90 Jahren errang der Opel P4 den Status des bis dahin erfolgreichsten deutschen Volksfahrzeuges, während der größere Opel Olympia durch eine selbsttragende Karosserie für weltweites Aufsehen sorgte. Sogar im fernen Japan bekamen die Ingenieure davon Kenntnis, entschieden sich beim ebenfalls 1935 präsentierten ersten Toyota-Pkw aber dennoch für konventionelle Technik.
Vor 70 Jahren begann in Japan der Aufstieg von Suzuki zum König der Kleinwagen-Spezialisten, und in Italien motorisierte ab 1955 das bezahlbare Heckmotor-Modell Fiat 600 mehrere Millionen Menschen so nachhaltig, dass der kleine Fiat auch bei Spaniens erster Marke für Familienautos montiert wurde, dem vor 75 Jahren gegründeten Autobauer Seat. Heute findet der italienische Kultflitzer im elektrischen Fiat 600 einen Erben, der in Designdetails stolz auf seinen Urahnen verweist.
In Deutschland war es 1955 BMWs Isetta, die Motorradfahrer zum Umstieg in einen Kabinenroller überzeugte, eine Knutschkugel mit kurioser Fronttür, die inzwischen vom batterieelektrischen Microlino zitiert wird.
Seinen ersten zukunftsweisenden Frontantriebs-Kleinwagen feierte Volkswagen vor 50 Jahren mit dem Polo, auch wenn der erste Polo nur eine Variante des damals ebenfalls in Wolfsburg gebauten Audi 50 war.
Die Franzosen freuten sich 1975 über Peugeot 604 und Renault 30 TS und den ersten gallischen Sechszylinder (PRV) der Nachkriegsära, ein gemeinsam mit Volvo realisierter Motor. Volvo installierte das Aggregat in mehreren Modellen, darunter der luxuriöse Kombi 265, der die Entwicklung weiterer V6-Edelfrachter beschleunigte.
Jaguar präsentierte 1975 das schwergewichtige und klobige V12-Coupé XJS als Nachfolger des filigranen E-Type – und löste Design-Diskussionen aus, die an die aktuelle Debatte um das Jaguar Concept Car Type 00 erinnern. Neuer Über-Mercedes war der 450 SEL 6.9, womit die Depression der Ölkrise von 1973/74 offenbar endgültig vergessen war. Der erste BMW 3er debütierte ebenfalls 1975, eine Mittelklasse-Baureihe, die bis heute das Herz der Marke ist und sich vor 50 Jahren auch gegen den neuen Golf GTI durchsetzen musste. Mit sportlichen Modellen das große Geld verdienen, das gelang damals Porsche mit dem 924, der als Vorreiter einer Transaxle-Dynastie an den Start fuhr.
Dagegen platzierte Opel mit dem Ascona B ein Mittelklasse-Weltauto, das unter zahlreichen Marken des damaligen Opel-Mutterkonzerns General Motors vertrieben wurde. Für die Oldtimer-Community noch wichtiger ist ein anderer Star des Jahrgangs 1975: Die Baureihe 123 avancierte zum meistgebauten Mercedes-Modell in der oberen Mittelklasse, heute E-Klasse genannt.
Welche weiteren Highlights finden sich im Jubiläumskalender 2025? Vor 70 Jahren debütierte der Peugeot 403 als erstes Modell der Löwenmarke im Pininfarina-Design – TV-Inspector Columbo machte das 403-Cabrio populär – und zeitgleich der Citroen DS. Jenes futuristische Hightech-Modell, das Kulturgeschichte schrieb und als dessen Erbe sich heute die Stellantis-Marke DS Automobiles versteht.
Der seiner Zeit zu weit vorausfahrende hybride Elektrowagen Lohner Porsche „Semper Vivus“ wird 2025 bereits 125 und die Marke Volvo 115 Jahre alt, dagegen wurde Audi 1965 mit einem Viertaktmodell zu neuem Leben erweckt. Ebenfalls 1965 wies der Renault 16 den Weg zum fünftürigen, variablen Fließheckmodell, das später von der Generation Golf gehypt wurde. Und Japaner wie Mazda Cosmo, Nissan Silvia und Toyota 2000GT begründeten eine japanische Sportwagen-Tradition, die 1985 zu Rennern wie Mazda RX-7 (FC3 S), Nissan 300 ZX und Toyota MR2 führte.
Luxus in größeren Stückzahlen gab es ab 1965 erstmals bei Rolls-Royce: Der neue, optisch dezente Silver Shadow sollte Kunden zurückzugewinnen, die zum opulenten Mercedes 600 gewechselt waren.
Aber auch die Verkehrssicherheit ist seit 1965 ein Dauerthema. Damals veröffentlichte der amerikanische Anwalt Ralph Nader sein berühmt-berüchtigtes Buch „Unsafe at Any Speed“ und setzte so die Initialzündung für eine Flut an Sicherheits-Concept-Cars aller großen Automobilkonzerne. Manches bahnbrechend sichere Serienmodell wie die in den USA von Behörden als Referenzfahrzeug genutzten Volvo 240/260 (1975) ging sogar direkt aus einem Safety-Concept hervor.
Vor 30 Jahren waren es die Schweden, die als erste eine „Vision Zero“ – null Unfälle – als gesellschaftliches Ziel verankerten, während zeitgleich in Großbritannien das NCAP-Crashtest-Programm beschlossen wurde. Zwei große Meilensteine für die Verkehrssicherheit, die bis heute Fahrzeugentwicklungen prägen. Fünf Sterne im Euro NCAP erhoffen sich inzwischen alle Hersteller für ihre Produkte und die Vision Zero ist bereits in den Credos vieler Konzerne verankert. Auch Anniversarien ohne chromblinkende Klassiker können also cool sein.
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