„Planetare Müllabfuhr“

Experte: CO2-Staubsauger könnten Erde abkühlen

Wissenschaft
05.01.2025 11:35

Der Direktor des renommierten Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hält es für möglich, dass es im Kampf gegen den Klimawandel gelingen kann, die Erde in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts künstlich abzukühlen. „Es gibt die Chance, den Trend der Erderhitzung umzukehren, indem wir – zusätzlich zur schnellen Emissionsminderung in Richtung null – auch auf CO2-Entnahme aus der Atmosphäre setzen“, sagte PIK-Direktor Ottmar Edenhofer der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Ein Werkzeug dafür seien die sogenannten CO2-Staubsauger, also große Filteranlagen. Sie saugen Luft an, entnehmen Klimagas, das dann in die Erdkruste geleitet und dort zu Stein wird, erläuterte Edenhofer. „Es gibt auch andere Möglichkeiten, etwa den Anbau schnell wachsender Biomasse zum Verfeuern mit CO2-Abscheidung oder das Ausbringen zerkleinerter Mineralien auf Böden zur beschleunigten Verwitterung“, fügte der Klimaforscher in der Sonntagsausgabe der Zeitung hinzu. „Ich bin davon überzeugt, dass uns die CO2-Entnahme und Speicherung vor dem Allerschlimmsten noch bewahren kann.“

Ottmar Edenhofer (Bild: APA/AFP)
Ottmar Edenhofer

Experte sieht Industriestaaten in der Pflicht
Deswegen drängte Edenhofer die westliche Welt, eine Industrie zur CO2-Entnahme und Speicherung aufzubauen. „Wir können den europäischen Emissionshandel durch einen Handel mit Zertifikaten für die CO2-Entnahme und -Speicherung ergänzen“, sagte er. „Ich sehe die Industriestaaten hier auch in einer moralischen Pflicht. Unsere Emissionen aus der Vergangenheit haben der Welt die Klimaprobleme eingebrockt, und die Schäden sind im globalen Süden am gravierendsten“, führte der Wissenschafter aus. „Wenn wir durch CO2-Entnahme die Temperaturen wieder senken, wäre das nur gerecht. Wir können und sollten in großem Stil eine planetare Müllabfuhr schaffen, um den Mist aus der Atmosphäre zu holen, den wir hineingekippt haben.“

Eine reale Chance auf Bewältigung der Klimakrise gebe es aber nur, wenn die Emissionen wirklich auf nahe Null gesenkt würden, betonte der PIK-Direktor. „Gelingt das nicht, und schaffen wird es auch nicht, der Atmosphäre in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewaltige Mengen an CO2 zu entziehen, dann werden wir uns mit einer in weiten Regionen menschenfeindlichen Erde arrangieren müssen“, warnte Edenhofer.

„Kein Zweifel mehr“ an fatalen Folgen
Das Tempo, das die Politik vorlege, stimme noch lange nicht. „Das 1,5-Grad-Ziel ist auf dem direkten Wege unerreichbar geworden, es geht wohl nur noch über einen ,Overshoot‘ mit nachträglichem Zurücksteuern“, sagte der PIK-Direktor. „Ohne eine ambitioniertere Klimapolitik steuert die Welt auf eine Erwärmung von rund drei Grad bis Ende des Jahrhunderts zu. Die Folgen – auch für Europa – wären einfach fatal. Daran lässt der Wissensstand keinen Zweifel mehr zu.“

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