Prozess

Richterin: „Ich glaube Ihnen kein Wort!“

Der Angeklagfte gab an, blind zu sein. 

(Bild: Dorn Chantall/Krone KREATIV)

Schockanruf vergangenen Oktober am BG Dornbirn. Angeklagter drohte zuständiger Richterin mit Repressalien, sollte diese sich weigern, seinen Erwachsenenvertreter abzusetzen. Am Landesgericht Feldkirch (Vorarlberg) musste sich der 43-Jährige nicht nur deswegen verantworten.

Es ist eine ganze Litanei an Straftaten, die der Staatsanwalt dem mehrfach verurteilten Invalidenrentner vorwirft. Zur Herausgabe eines Rollstuhls soll der besachwaltete Angeklagte im vergangenen Jahr der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) eine Urkunde vorgelegt haben, in der er zuvor die Diagnose verfälscht hatte.

Um sich Sozialleistungen zu erschleichen, soll der 43-Jährige zudem seinen PVA-Bescheid bezüglich der Pflegestufe geändert und weiters Einzahlungsbelege fingiert und den Behörden vorgelegt haben. Doch um eine Verfahrensverzögerung zu vermeiden, konzentrierte man sich in der Verhandlung am Mittwoch auf drei weitere ihm zur Last gelegte Straftaten. Nämlich die der gefährlichen Drohung, des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der Verleumdung.

Sein erstes Opfer: Die zuständige Pflegschaftsrichterin des Bezirksgerichtes Dornbirn. Bei ihr meldet er sich am Morgen des 7. Oktobers telefonisch und fordert sie auf, per Anonymverfügung seinen Erwachsenenvertreter in seiner Funktion zu entheben. Andernfalls werde er zum Gericht kommen und etwas Schlimmes würde passieren.

Als der Angeklagte tatsächlich beim Bezirksgericht auftaucht und vom Security verwiesen wird, zieht der 43-Jährige ab. Zwei Tage später verleumdet er vor der Polizei in Dornbirn seinen Erwachsenenvertreter, seinen ehemaligen Vermieter und eine ehemalige Nachbarin, indem er behauptet, von ihnen mehrere Stunden in einem Stadel in Dornbirn eingesperrt worden zu sein. Das, obwohl er blind sei und im Rollstuhl sitze.

Was die Zeugen allesamt verneinen, sowohl die vorgeworfene Tat als auch den Gesundheitszustand des Angeklagten. „Der kann laufen und sehen“, geben diese zu Protokoll. Dass es sich bei dem angeblichen Querschnittsgelähmten und blinden Delinquenten um einen amtsbekannten kleinen Münchhausen handelt, berichtet der als Zeuge geladene Polizist. „Wir haben ein Foto von ihm, auf dem zu sehen ist, wie er wenige Wochen vor dem Vorfall zwei Bierkisten schleppt.“ Nachdem die Richterin sämtliche Beweisanträge wie etwa die Einholung eines Gutachtens, dass die Querschnittslähmung beziehungsweise die fehlende Sehkraft des Mandanten bestätigt, ablehnt, verkündet die Richterin kurz darauf das nicht rechtskräftige Urteil: vier Jahre Haft. „Ich habe keinen Zweifel an den Aussagen der Zeugen. Ihnen hingegen glaube ich kein Wort.“