Putin in der Klinik

KI-Film zeigt alternden Kremlchef als Pflegefall

Ausland
09.01.2025 07:24

Der polnischen Regisseurs Patryk Vega hat als künstlerischen Protest eine Art Horrorfilm produziert: Mithilfe von KI-Technologie verwandelt er den russischen Präsidenten Wladimir Putin in eine fiktive Filmfigur, die entlang vieler wahrer Begebenheiten durch die Biografie des Kremlchefs führt – und ihn 2026 schwach und gezeichnet in einer Klinik zeigt.

Entstanden ist eine opulent illustrierte Biografie, die sehr erwartbar kein gutes Haar anPutinlässt. Vega, dessen Arbeiten Kritiker immer wieder als vulgäres Kino verreißen, ergötzt sich an einem Präsidenten, der in einer Klinik einmal halbnackt in Windeln im Krankenbett zittert, dann wieder besudelt am Boden liegt und von Personal gewaschen wird.

Als Inspiration dürften Filmemacher auch die immer wieder gestreuten Spekulationen um Putins Gesundheitszustand gesehen haben. Der Kreml hat zwar mehrfach betont, dass Putin kerngesund sei. Im echten Leben zeigte sich der Kremlchef in der Vergangenheit als Schwimmer oder auch beim Judo oder Eishockey. Aber im Film spielt ein alternder Putin die Hauptrolle, der dem Ende nah ist.

(Bild: APA/dpa/Kinostar Filmverleih)

Viele erfundene Bilder
Der entlang vieler wahrer Begebenheiten erzählte Film verlegt die Gegenwartshandlung um einen kranken Putin und seinen General, gespielt von Thomas Kretschmer („Stalingrad“), in das Jahr 2026. Die Figur sieht aus wie der echte 72-jährige Putin, dessen Lebensstationen dann so abgespult werden, wie sie aus kritischen Biografien weitgehend bekannt sind.

Gleichwohl gibt es reichlich erfundene Bilder. Ein Beispiel ist die Filmszene am präsidialen Schreibtisch, wo Putin mit der als gelenkigste Frau Russlands bespöttelten Sportgymnastin Alina Kabajewa verkehrt, während seine entsetze Ehefrau Ljudmila das Amtszimmer betritt. Er wolle sie als First Lady aus den Geschichtsbüchern löschen, sagt die Putin-Figur. Bestätigt wurde die Affäre mit Kabajewa nie – und seine Trennung gab Putin gemeinsam mit seiner Frau vor laufenden Kameras bei einem Theaterbesuch 2013 bekannt.

Brutale Szenen eines Lebens
Der Zuschauer taucht ab in ein langes Leben, darunter Putins Zeit als KGB-Offizier mit traumatischer Zwischenstation in Dresden und die Rückkehr in seine Heimatstadt St. Petersburg (früher Leningrad), wo er in den von Chaos und Verbrechen geprägten 1990ern Karriere in der Stadtverwaltung machte. Bürgermeister Anatoli Sobtschak war damals sein politischer Ziehvater. Der Film greift auch jene Legende auf, nach der Sobtschak, als Putin bereits in Moskau war, ermordet wurde, um vor der Präsidentenwahl 2000 nicht mit seinem Insiderwissen zur Gefahr zu werden.

(Bild: YouTube.com (Screenshot))

Die Mordszene brennt sich ein beim Zuschauer – offiziell starb Sobtschak an einem Herzinfarkt. Sie ist neben dem gezielten Ausschalten des vor allem als Säufer dargestellten Präsidenten Boris Jelzin eine von vielen Schlüsselmomenten, die Putins skrupellosen Machthunger verdeutlichen sollen. Zu sehen ist ein von den Geistern der Vergangenheit verfolgter Putin, der Kriege wie in Tschetschenien und heute in der Ukraine vor allem als Mittel des Machterhalts nutzt.

Im Mittelpunkt steht nicht der Apparat, sondern immer Putin, der ehemalige Geheimdienstchef, der auch Explosionen in Wohnhäusern organisieren lässt, um die Menschen im Land mit Angst zu unterwerfen. Regisseur Vega konzentriert sich auf den Terror, der sich unter Putin in den Anfangsjahren ausbreitet. Visualisiert sind hier etwa Geiselnahmen im Moskauer Dubrowka-Theater (2002) und die in der Schule in Beslan (2004).

Zu sehen sind bei Bombardements in Schutt und Asche gelegte Städte – auch in der Ukraine. Und erinnert wird nicht zuletzt an das Massaker in der Stadt Butscha unweit der Hauptstadt Kiew, das als Symbol russischer Kriegsverbrechen gilt. Putin bestreitet bis heute jede Verantwortung dafür.

Keine neuen Erkenntnisse über Putin
Entstanden ist eine Bilderschau schlimmster Verbrechen, die Zuschauer auch als Form des künstlerisch verdichteten Protests gegen Putin sehen können. In Russland mit seiner strengen Genehmigungspraxis für Filmlizenzen ist dafür gesorgt, dass der Streifen nicht in die Kinos kommt. Immerhin aber machten selbst Staatsmedien darauf aufmerksam, dass es den Film gibt.

Der Duma-Abgeordnete Andrej Lugowoi meinte, der Film sei unterste Schublade. Der frühere Geheimdienstler steht im Verdacht, in die Ermordung des Putin-Kritikers Alexander Litwinenko verwickelt zu sein. Dieser starb 2006 in London an dem Strahlengift Polonium 210.

Film teils abschreckend nahe an Realität
„Putin. Krieg wird kommen“ ist alles in allem kein völlig absurdes Filmtheater, sondern teils abschreckend nah an der Realität. Vor allem geht Vega auch der Frage nach, was passiert, wenn jemand wie Putin nicht gestoppt wird. Perspektivisch ist da demnach nichts Gutes zu erwarten.

Und so mündet am Ende alles in der großen Frage in der geopolitischen Konfrontation dieser Zeit, ob Putin als Chef der neben den USA größten Atommacht am Ende doch auch zum letzten Mittel greift – nach dem Motto: hinter mir die Sintflut.

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