Wegen der FPÖ

Geheimdienste: Experten warnen vor Problemen

Innenpolitik
09.01.2025 11:21

Fachleute warnen bei einer von der FPÖ geführten Regierung vor Problemen für Österreichs Geheimdienste. Es bestehe laut dem Schweizer Experten Adrian Hänni ein Belastungspotenzial für die Zusammenarbeit mit westlichen Partnern, wodurch der „Informationsaustausch in gewissen Bereichen zumindest eingeschränkt werden könnte“. Diese Einschätzung teilt auch der Wiener Thomas Riegler.

„Es ist möglich, dass es wieder zu Einschränkungen bei der nachrichtendienstlichen Kooperation kommen wird. Das betrifft nicht Warnungen vor Terroranschlägen, sondern wahrscheinlich vor allem Informationen mit Russlandbezug“, meinte Riegler. Hänni wiederum vermutet gegenüber der APA, hinter jüngsten „markanten Kommentaren“ vor allem aus Deutschland scheine die Absicht zu stehen, eine FPÖ-Regierungsbeteiligung zu verhindern.

Warnungen aus Deutschland
Die Nähe der FPÖ zur russischen Regierung stelle „ein durchaus veritables Problem dar“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienste-Kontrollgremiums des deutschen Bundestags, Konstantin von Notz (Grüne). Es stehe „die Integrität der Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden infrage“.

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner hält Konsequenzen für unerlässlich. „Die Zusammenarbeit mit Rechtsaußen-Regierungen und Putin-Freunden muss bei nachrichtendienstlicher Zusammenarbeit nahezu auf null zurückgefahren werden, wenn man keine unvertretbaren Sicherheitsrisiken einkalkulieren will“, sagte er.

Ähnlich äußerte sich der CDU-Politiker Christoph de Vries, der ebenfalls dem Geheimdienstgremium angehört: „Mit Blick auf die engen Verflechtungen der FPÖ und der Dienste mit Russland in der Amtszeit Herbert Kickls als Innenminister sind Sorgen für die weitere Zusammenarbeit nicht unbegründet.“

Herbert Kickl ließ 2018 als Innenminister eine Razzia beim BVT durchführen. (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)
Herbert Kickl ließ 2018 als Innenminister eine Razzia beim BVT durchführen.

Eingeschränkter Nachrichtenfluss befürchtet
Der Schweizer Geheimdienstexperte Hänni hält es für durchaus wahrscheinlich, dass im Fall einer FPÖ-geführten Regierung die internationalen Nachrichtendienste den Informationsaustausch zu russischer Spionage und anderen russischen Geheimdienstaktivitäten in Europa sowie zum Krieg in der Ukraine „zumindest“ einschränken.

Informationen zum islamistischen Terrorismus oder gar konkrete Hinweise auf Anschläge würden aber weiterhin mit österreichischen Diensten geteilt werden, so Hänni. Auch andere Kooperationsformen jenseits vom Informationsaustausch dürften weitergeführt werden.

Dem pflichtet der Terrorismus- und Sicherheitspolitik-Experte Riegler bei. Selbst unter einer FPÖ-Kanzlerschaft wäre man nicht von Hinweisen auf terroristische Bedrohungsszenarien von ausländischen Partnerdiensten abgeschnitten. Es sei „Usus“ solche Informationen an betroffene Staaten weiterzugeben, „auch wenn man mit ihnen nicht übereinstimmt“. Die USA hätten beispielsweise Russland vor radikalislamistischen Anschlägen in Moskau gewarnt.

Wohl „Anlassfall“ für Einschränkungen nötig
Was den Austausch von Informationen mit Russland-Bezug betrifft, wäre nach Einschätzung von Riegler ein „konkreter Anlassfall“ erforderlich, der bewirken müsste, dass das Vertrauen in die österreichischen Behörden im Ausland erschüttert wird, wie es mit der seinerzeitigen Razzia in der Zentrale des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT) und der Beschlagnahmung von als geheim klassifizierten Daten der Fall war.

Allerdings habe sich die Situation seit 2018 deutlich verkompliziert: „Die Anzahl rechter Regierungen hat in ganz Europa deutlich zugenommen. Mit Ungarn und der Slowakei gibt es zwei Regierungen, die den EU-Kurs in der Ukraine-Frage offen in Frage stellen.“ Die mögliche Besetzung des US-Geheimdienstkoordinators mit Tulsi Gabbard werfe außerdem „die brisante Frage auch, inwieweit man den USA bald noch vertrauen kann“, hielt Riegler fest.

„Eine FPÖ-Regierung alleine wird meiner Einschätzung nach nicht zu einer solch massiven Krise führen, wie wir sie 2018 und in den Jahren danach erlebt haben. Natürlich kann sich die Ausgangslage ändern, wenn westliche Partnerdienste zum Beispiel konkrete Hinweise auf einen Informationsabfluss nach Russland erhalten“, betonte auch Hänni.

(Bild: ANDI SCHIEL)

Kickl ließ 2018 Razzia im BVT durchführen
2018 gab es unter dem damaligen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl eine Razzia im BVT. Der österreichische Staatsschutz wurde wegen massiver Sicherheitsbedenken aus dem sogenannten Berner Club verbannt, einem inoffiziellen Zusammenschluss westlicher Geheimdienste. Damals teilten andere westliche Geheimdienste keine sensiblen Informationen mehr mit Wien, angeblich auch deshalb, weil der US-Geheimdienst CIA Indizien dafür hatte, dass ein BVT-Mann geheime Unterlagen an Russland weitergab.

Staatsgeheimnisse sollen unter anderem an den flüchtigen Wirecard-Topmanager und mutmaßlichen Russland-Agenten, den Österreicher Jan Marsalek, verraten worden sein. Das BVT wurde mittlerweile durch die Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst (DSN) ersetzt.

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