Die Frage nach der Verfügbarkeit von Wasser ist mitentscheidend, ob sich eine besetzte Mondbasis jemals realisieren lässt. Ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung hat nun im Labor „simuliertes“, pulverisiertes Mondgestein – sogenanntes Mondregolith – hergestellt und daraus in mehreren Experimenten über drei Liter Wasser gewonnen.
Im Rahmen eines EU-geförderten Projekts namens LUWEX arbeiteten unter Federführung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (kurz DLR) in Bremen und der Technischen Universität (TU) Braunschweig Expertinnen und Experten aus Deutschland, Polen, Österreich und Italien zusammen. Ziel war es, zu zeigen, wie aus Mondregolith-Staub, der Eis beinhaltet bzw. dem selbiges anhaftet, Wasser gewonnen werden kann.
Genau überlegen, was in den Mond-Koffer kommt
Blickt man nämlich in Richtung einer immer wieder auch von Raumfahrtagenturen wie der europäischen ESA oder ihrem US-Pendant NASA in den hypothetischen Raum gestellten Mondbasis, müsse sehr genau überlegt werden, was man um sehr teures Geld von der Erde mitnimmt und was man vor Ort gewinnen kann, um es dann möglichst lange im Kreislauf zu halten, erklärt Projektpartnerin Barbara Imhof von der Wiener Weltraum-Architekturplattform Liquifer auf der Projekt-Website.
Die Expertin denkt mit Partnern intensiv darüber nach, was sich alles auf dem Erdtrabanten selbst befindet, das brauchbar ist. So stellte man etwa 2023 im Fachblatt „Scientific Reports“ eine Methode vor, um mit konzentriertem Sonnenlicht aus dem Mondregolith Pflastersteine zu machen.
Aber Mondgestein bzw. Mondstaub enthält auch Wasser in Form von Eis. Wie viel davon sich an Stellen befindet, an denen künftige Basen etabliert werden könnten, ist nicht klar. Es gebe aber Schätzungen, dass sich „in den dunklen Kratern am Mondsüdpol bis zu zehn Prozent Wasseranteil in den oberen Schichten des Bodens“ finden könnten, so DLR-Projektleiter Paul Zabel: „Das muss jedoch noch durch Untersuchungen direkt vor Ort bestätigt werden.“
Tests auf „Komet“ im deutschen Braunschweig
Trotzdem nahmen die Wissenschaftler dies zum Anlass, sich technische Lösungen zum Herausholen des Wassers aus dem Staub zu überlegen. Im Braunschweiger „Comet Physics Laboratory“ (CoPhyLab) wurde der Ansatz dann untersucht. In Ermangelung an tiefgekühltem Mondstaub musste dieser allerdings zuerst simuliert werden.
So fertigte das Team eine Staub-Eis-Mischung in extremer Kälte an. So stellte man eine Mixtur her, in der sich kugelförmige Eispartikel mit einem Radius von im Schnitt nur 2,4 Mikrometern befanden – was in etwa einem Zwanzigstel der Dicke eines Haares entspricht, so das Team in einer Aussendung.
Das von den deutschen Forschern gebaute Mond-Wasserextraktionssystem wurde dann im CoPhyLab – eine Thermalvakuumkammer, die dazu entwickelt wurde, die Bedingungen auf einem Kometen unter bis zu minus 170 Grad Celsius nachzustellen – mit dem simulierten Mondstaub in Berührung gebracht. Bis zu 15 Kilogramm „Mondgestein“ konnten so unter möglichst mondnahen Bedingungen verarbeitet werden.
In der Anlage wurde das Gemisch erhitzt und gleichzeitig gerührt. So wurde das Eis direkt zu Wasserdampf, der in der Folge an den Wänden extrem tiefgekühlter Kupferrohre zum Aneisen gebracht wurde. Von dort kann das Wasser wieder als Eis quasi geerntet, verflüssigt und aufgereinigt werden.
Prozess soll weiterentwickelt werden
Dieser Prozess erscheint also vielversprechend, obgleich er „schon sehr energieintensiv“ ist, wie Zabel einräumt. Auch zum Aufreinigen des Wassers gibt es noch einige offene Fragen. So ist es einerseits schwierig, die Flüssigkeit von etwaigen Staubpartikeln, die kleiner als ein Mikrometer sind, zu befreien. „Zum anderen kam das Mondgestein noch nie mit flüssigem Wasser in Kontakt, sodass es sehr wahrscheinlich ist, dass sich Metall wie Eisen und Aluminium oder auch Methanol aus dem Staub lösen und in das Wasser gelangen. Diese Verunreinigungen müssen unbedingt aus dem Wasser entfernt werden“, so Zabel.
Mit dem Ansatz habe man nun zwar einen „gewissen Technologiereifegrad erreicht“. Bis man aber für mögliche erste Tests auf der Mondoberfläche gerüstet ist, sind laut dem DLR-Forscher „noch weitere Entwicklungsschritte notwendig, welche wir in den nächsten Jahren angehen wollen“.
Potenzial für Verfahren ist groß
Das Potenzial sei jedenfalls groß: So könnte das so gewonnene Wasser abseits der Erde als Trinkwasser, zur Produktion von Sauerstoff oder als Bestandteil eines flüssigen Raketentreibstoffes genutzt werden – für die Projektpartner „ein entscheidender Schritt zur Unterstützung einer nachhaltigen Erforschung des Sonnensystems“.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.