Es ist ein kleines, diplomatisches Beben, das Ungarn am Donnerstag erschüttert hat: Antal Rogán, Kabinettchef und engster Vertrauter von Ministerpräsident Viktor Orbán, wurde von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt. Der Vorwurf: massive Korruption.
Nach offizieller Mitteilung soll Rogán ein System geschaffen haben, das öffentliche Gelder an loyale Mitstreiter verteilt und somit deren Macht festigt. Er sei der „Erfinder, Umsetzer und Nutznießer der Korruption in Ungarn“.
Die Entscheidung basiert auf dem Global Magnitsky Act, der es den USA erlaubt, weltweit Sanktionen gegen korrupte Personen oder Menschenrechtsverletzer zu verhängen. In Rogáns Fall bedeutet dies die Sperrung von Vermögenswerten in den USA sowie ein Einreiseverbot.
Laut Experten sei die Anwendung gegen einen hochrangigen Politiker eines NATO-Mitglieds ungewöhnlich, jedoch nicht ohne Präzedenzfall. 2018 waren schon einmal türkische Minister auf der Sanktionsliste.
Die Sanktionen seien das Ergebnis einer gründlichen Untersuchung. Dies widerspricht den Vorwürfen aus Budapest, wonach die Maßnahme auf persönlicher Rache der scheidenden US-Regierung beruhe. Orbán hat aus seinem Nahverhältnis zu Trump nie einen Hehl gemacht. Außenminister Péter Szijjártó bezeichnete die Sanktionen als „ehrenlosen Abschiedsakt“ der scheidenden US-Regierung. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Trump-Administration die Entscheidung revidieren werde.
Doch der ungarische Außenpolitik-Experte István Szent-Iványi warnt gegenüber der Zeitung „Magyar Hang“ vor voreiligen Hoffnungen. „Von der Liste zu verschwinden, ist äußerst schwierig“. Eine Aufhebung erfordere stichhaltige Beweise, dass die Vorwürfe unbegründet seien – ein langwieriger und politisch sensibler Prozess. Die USA setzen mit den Sanktionen ein deutliches Signal.
Korruption in Ungarn hat sich verschärft
Laut Transparency International hat sich die Korruption in Ungarn in den letzten zehn Jahren verschärft. Die Europäische Union hat bereits Gelder zurückgehalten, weil Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit verletzt wurden. Die US-Sanktionen könnten daher weitreichende wirtschaftliche Folgen haben, zumal auch europäische Banken ähnliche Maßnahmen ergreifen könnten.
Ob Donald Trump nach seinem Amtsantritt tatsächlich eingreift, bleibt ungewiss. Für Rogán bedeutet die Aufnahme in die Liste jedenfalls eine erhebliche Einschränkung seiner politischen und wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit.
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