Eine aus Stress angenagte Hunde-Rute, eine völlig aus dem Ruder gelaufene Übergabe eines bissigen Malinoisrüden oder ein Hämatom auf einem Welpenkopf. Das würde man möglicherweise in Ostblock-Tierheimen vermuten, doch all das soll sich im burgenländischen Landestierheim „Sonnenhof“ ereignet haben.
Der „Sonnenhof“ präsentiert sich allerorts in strahlendem Licht. In seinem Jahresbericht ist gleich auf der ersten Seite zu lesen, dass „ein guter Teil der Arbeit auf die Verhinderung und Vermeidung von Tierleid abzielt“. Auch die burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf – sie ist im Land für Tierschutz zuständig – ist voll des Lobes für den Geschäftsführer der Einrichtung und spannt ihren Schirm auf, um ein drohendes Gewitter abzuwenden.
Im Sitzungsprotokoll der Landtagssitzung vom letzten Oktober ist von einem Dankeschön an die Leitung zu lesen, und dass sie den Versuch nicht stehen lassen möchte, dass der Sonnenhof immer irgendwie in ein schlechtes Licht gerückt wird. Ob ihr Schutzschirm auf Dauer hält, bleibt abzuwarten.
Denn neben einer Reihe von Hinweisen aus der Bevölkerung, zu der die „Krone“ Tierecke recherchiert, ist der Fall um die Hunde eines verstorbenen Züchters besonders drastisch. Nach dem Tod ihres Besitzers wurden knapp 20 Hunde auf Anweisung der Behörde in das Tierschutzhaus des Landes gebracht. Soweit ein üblicher Vorgang.
Traurige Blicke hinter Gitterstäben
Einer engen Vertrauten des Verstorbenen ging das Schicksal der Tiere sehr nahe, sie wurde vom Nachlassverwalter aufgrund ihrer Expertise mit der Weitervermittlung an neue Besitzer betraut. Als sie nach kurzer Zeit den im Sonnenhof verbliebenen Tieren einen Besuch abstatten wollte, traute sie ihren Augen nicht. „Ich habe die Hunde fast nicht wiedererkannt“, sagt sie im Gespräch mit der Tierecke.
Akutes Stressverhalten
Geht es nach der Einschätzung der Hundefreundin, wurde den Tieren keine oder viel zu wenig Beschäftigung und Freilauf angeboten. Fatal, denn Rüde „Uwe“ nagte sich aus Frust weiter den Schwanz an, der letztendlich sogar amputiert werden musste. Hier hätte der Sonnenhof bereits viel früher handeln müssen, denn Anfangs war nur eine kleine Verletzung an der Spitze erkennbar. Warum hat man keine Gegenmaßnahmen gesetzt, damit sich das anvertraute Tier nicht weiter selbst verletzt?
Bei Malinois „Hec“, der als auffällig und potenziell gefährlich gilt, traute sich offenbar gar niemand in den Zwinger. Der Verdacht liegt nahe, dass „Hec“ zwei Monate lang überhaupt kein artgerechter Auslauf auf der großen Wiese ermöglicht wurde. Höchst problematisch, denn Auslauf und Beschäftigung ist das A und O, um ein Tier in Zwingerhaltung auszulasten.
Glück im Unglück, dass keiner verletzt wurde
Eilig bemühte sich besagte Tierfreundin um einen Ausweg und organisierte die Übergabe von „Hec“ an einen Spezialisten, damit die mutmaßliche „Isolationshaft“ ein Ende findet. Doch diese Übergabe drohte massiv aus dem Ruder zu laufen, wie das Protokoll der als neutrale (!) Beobachterin eingesetzte Tierschutzombudsfrau des Landes Burgenlands Gabriele Velich zeigt.
In der Hitze des Gefechts
Darin ist zu lesen, dass die Übergabe in keiner Weise der Gefährlichkeit des Hundes entsprach und vom Tierheim viel besser geplant hätte werden müssen. Sie wertet es als fahrlässig, dass die Tierheimleitung es zuließ, dass „Hec“ sich außerhalb des gesicherten Areals seinen Maulkorb abstreifen konnte.
Es herrschte Panik
„Für mich unverständlich, dass man so eine dilettantische Übergabe zugelassen hat. Es war ein gefährlicher Moment!“, so Fachfrau Velich auf „Krone“ Anfrage. Von alledem will der Sonnenhof nichts wissen, sondern schiebt in einem Mail an die „Krone“ den „Schwarzen Peter“ ausgerechnet jenen Menschen in die Schuhe, die sich für das Wohl der Hunde eingesetzt haben. Von Selbstreflexion keine Spur.
Für „Krone“ Tierecke Chefin Maggie Entenfellner Grund genug, um sich an die zuständige Politikerin zu wenden. Astrid Eisenkopf möchte der Stellungnahme des Sonnenhofs nichts hinzufügen, und verweist darauf, dass bei Überprüfungen stets bisher alles positiv bewertet wurde.
Werden hier Tatsachen verdreht?
Doch inwiefern die Spitzenpolitikerin wirklich im Bilde ist, bleibt unklar. Eisenkopf bejahte jedenfalls die Frage, ob sie sich auch die Sichtweise ihrer unabhängigen Tierschutzombudsfrau angehört habe. Doch offenbar stimmt dies nicht, denn laut den Informationen der „Krone“, hat es aus dem Büro der Landeshauptmann-Stellvertreterin keinerlei Kontaktaufnahme an die Tierschutzombudstelle gegeben.
„Man muss sich vor Augen halten, dass der Sonnenhof und seine Tiere mit Steuergeldern finanziert werden. Wenn es dort regelmäßig zu doch sehr massiven tierschutzrelevanten Vorwürfen kommt, muss die Politik ein unabhängiges Auge darauf haben“, so „Krone“ Tierschutz Expertin Entenfellner. So kurz vor dem Wahltag könnten diese jüngsten Vorfälle doch noch für einen heftigen Schauer rund um den Sonnenhof sorgen...
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