Der am vergangenen Dienstag am Wiener Landesgericht im Zweifel erfolgte Freispruch für einen 17-Jährigen, dem ursprünglich vorgeworfen worden war, Anfang 2023 in einer Parkgarage in Favoriten eine damals Zwölfjährige missbraucht zu haben, ist rechtskräftig. Wie am Freitagnachmittag bekannt wurde, wird die Staatsanwaltschaft Wien dagegen kein Rechtsmittel einbringen.
Mehr als ein Dutzend Jugendliche wurden von der Staatsanwaltschaft Wien als Beschuldigte geführt. Der erste Prozess mündete Anfang Dezember in einem Freispruch. Im Wiener Landesgericht wurde am Dienstag gegen einen 17-jährigen Syrer, der 2015 mit seiner Familie nach Österreich gekommen war, weiterverhandelt. Ihm wurde vorgeworfen, die damals zwölfjährige Anna (Name geändert), die er im Motorikpark in Favoriten kennengelernt hatte, in einer nahe gelegenen Parkgarage vergewaltigt zu haben.
Verwunderung über gerichtliches Gutachten
Mit dem rechtskräftigen Freispruch des zweiten Beschuldigten haben vor Gericht auch im zweiten Fall einer zunächst behaupteten Vergewaltigung des unmündigen Mädchens die dahingehenden Vorwürfe einer gerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten.
Denn das Delikt des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen wurde in dem verstörenden Fall bisher nicht angeklagt. Die beschuldigten Jugendlichen gaben an, dass sie mit der Zwölfjährigen nie über ihr Alter gesprochen hätten. Sie seien davon ausgegangen, dass sie 14 Jahre alt sei.
Meiner Mandantin geht es sehr schlecht. Sie hat ihren Wohnort wechseln müssen, die Schule wechseln müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Gutachterin hier keine posttraumatische Belastungsstörung attestierte.
Opferanwalt Sascha Flatz
„Meiner Mandantin geht es sehr schlecht. Sie hat ihren Wohnort wechseln müssen, die Schule wechseln müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Gutachterin hier keine posttraumatische Belastungsstörung attestierte“, wunderte sich Opferanwalt Sascha Flatz am Dienstag im Gericht, den ein weiterer Punkt ärgerte: „Es ist diese grenzenlose Verachtung gegenüber dem Opfer, die hier im Prozess deutlich zum Ausdruck kam.“ Dass der Angeklagte 100 Euro Schadenswiedergutmachung anstelle der geforderten 3000 Euro anbiete, sei „ein Hohn“. Der Bursche nahm den Schein von seinem Verteidiger und legte ihn Flatz auf den Tisch. Dieser reagierte nicht, bei Annas Mutter flossen aufgrund von Fassungslosigkeit über diese Aktion Tränen.
Gericht stellte „einvernehmlichen Sex“ fest
Ein 16-Jähriger, dem ebenfalls vorgeworfen worden war, das unmündige Mädchen vergewaltigt zu haben, war bereits im vergangenen Dezember von sämtlichen wider ihn erhobenen Anschuldigungen rechtskräftig freigesprochen worden.
Der Sex zwischen dem im Tatzeitpunkt 15-Jährigen und der Schülerin sei „völlig einvernehmlich“ gewesen, stellte das damals Gericht fest. Es habe keine Gewalt gegeben. Für den Jugendlichen sei „nicht erkennbar“ gewesen, dass das Mädchen damit nicht einverstanden war.
Die Staatsanwaltschaft und die übergeordnete Oberstaatsanwaltschaft (OStA) – die Causa ist nicht zuletzt aufgrund der teilweise aufgeheizten medialen Berichterstattung berichtspflichtig – akzeptierten diese Entscheidung ebenso wie den dieswöchigen Freispruch.
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