Eine „echte Indiana-Jones-Geschichte“ hat die Uni Wien laut Anthropologie-Professor Gerhard Weber zu Ende erzählt: Seit 1929 hatten Archäologen gerätselt, ob ein – von Wienern in der Grabungsstätte Ephesos gefundener und in Wien lagernder – Schädel der von Kleopatras Schwester Arsinoë sein könnte.
Schon der Anfang der Geschichte erinnert an die Archäologen-Abenteuer-Filme von Steven Spielberg. Man schrieb 1929, als der österreichische Archäologe Josef Keil in der Ausgrabungsstätte, die seit jeher unter österreichischer Patronanz steht, in einem auffälligen Grabmal den Schädel einer mutmaßlich „ganz vornehmen Persönlichkeit“ fand und kurzerhand nach Wien mitnahm, wo er zuerst einmal wieder in Vergessenheit geriet.
Rätselhaftes Grabmal
Auffällig war das gefundene Grabmal in den Überresten der einst römischen Stadt Ephesos nicht nur durch seine achteckige Form und seine Platzierung mitten im früheren Stadtgebiet, sondern auch durch zahlreiche architektonische Details, die ins Ägyptische spielten – und nicht zuletzt dadurch, dass es keinerlei Grabinschriften oder sonstige Verweise auf die bestattete Person gab. Das jahrzehntelange große Rätselraten der weltweiten Archäologie-Gemeinde hatte begonnen.
Warum alle an Arsinoë glaubten
Über die Jahrzehnte verfestigte sich eine Spekulation dabei zur Beinahe-Gewissheit: Arsinoë wurde in Ephesos im Jahr 41 vor der Zeitenwende in ihren 20ern auf Befehl des Feldherren Mark Anton ermordet. Gewünscht hatte sich das wiederum seine damalige Geliebte Kleopatra, die damit ihre eigene Schwester – wie schon viele aus der Dynastie der Ptolemäer vor ihr – als mögliche Konkurrentin aus dem Weg räumen ließ. Ein „ägyptisches“ prunkreiches anonymes Grabmal in Ephesos? – das konnte doch kaum jemand anderes als Arsinoë sein!
Bei der Hoffnung, dass es sich bei den sterblichen Überresten um jene von Arsinoë handelt, ging es auch um ihre berühmte Schwester: Wo Kleopatra begraben liegt, ist ebenso unbekannt. Hätte man jedoch Arsinoë gefunden, hätte das auch eine DNA-Spur zur Identifikation eines Grabs von Kleopatra legen können.
Erst der Fortschritt wissenschaftlicher Untersuchungstechniken konnte den jahrzehntelangen Spekulationen nun ein Ende bereiten und brachte die unerwartete Wendung: Der Schädel muss von einem rund 13 Jahre alten vermutlich römischen Buben stammen, der wohl unter einer schlimmen Erbkrankheit litt. Das Rätsel um Kleopatras Schwester wird so durch ein neues ersetzt: Wer war der Bub? Und warum wurde er auf eine Art beerdigt, die eher zu ägyptischen Herrschern passen würde? Archäologe Martin Steskal will weiterhin nicht ausschließen, dass man in dem Grabmonument tatsächlich Arsinoë bestatten wollte.
Das Mausoleum wurde rund 20 Jahre nach Arsinoës Tod errichtet, so viel wusste man schon bisher. Auch nach der bisherigen Theorie hätte das bedeutet, dass ihre Gebeine zehn Jahre nach dem Tod von Kleopatra von einem vermutlich geheim gehaltenen Grab in das Mausoleum überführt wurden, um ihr posthum die gebührende Ehre zu erweisen, sobald das politisch wieder möglich war. Die neue Theorie lautet deshalb: Bei dieser Exhumierung etwa im Jahr 20 vor der Zeitenwende wurde einfach die falsche Person umgebettet – und Arsinoës Gebeine harren immer noch in Ephesos der Entdeckung. Indiana-Jones-Geschichten haben eben mehrere Folgen ...
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