Kontroverses Vorgehen

Hundebox-Fall: Land NÖ weist Schuld von sich

Niederösterreich
10.01.2025 16:55

Im Fall um einen nunmehr 14-Jährigen, der von seiner Mutter im Waldviertel in eine Hundebox gesperrt und gequält worden sein soll, hat das Land Niederösterreich die erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Es wird betont, dass „keine Sorgfaltswidrigkeit“ vorliege und alle „gesetzlichen Pflichten“ erfüllt worden seien.

Die zivilrechtliche Klage hatte Opferanwalt Timo Ruisinger im November des Vorjahres beim Landesgericht Krems eingebracht. Der Gesamtstreitwert beträgt 180.000 Euro – zu 150.000 Euro Schmerzengeld kommen 30.000 Euro an Feststellungsinteresse für die zukünftigen Schäden. Rechtlich gestützt ist die Klage auf das NÖ-Kinder- und Jugendhilfegesetz, das Land ist demnach der Träger der Kinder- und Jugendhilfe.

Bezug nahm Ruisinger hauptsächlich auf die Rolle zweier Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a. d. Thaya, die mit dem Fall befasst waren. Deren Handeln und Unterlassen sei dem Land als Träger der Kinder- und Jugendhilfe zuzurechnen. „Es gab eine Vielzahl an Hinweisen, dass die Kindesmutter dem Wohl des Klägers schadet und diesem dadurch körperliche und psychische Schäden zugefügt wurden“, heißt es in der Klage.

Sozialarbeiter sah keine Gefahr im Verzug
Nach zwei Gefährdungsmeldungen hatte es seitens der Kinder- und Jugendhilfe am 28. Oktober und am 18. November 2022 (vier Tage, bevor der Bub ins Koma fiel) jeweils unangekündigte Hausbesuche bei Mutter und Sohn gegeben. Zunächst waren beide Sozialarbeiter an Ort und Stelle gewesen, beim zweiten Termin erschien der federführende Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen a. d. Thaya alleine. Geortet wurden von ihm zwar Auffälligkeiten, es wurde aber keine Veranlassung für eine sogenannte Gefahr-im-Verzug-Maßnahme angenommen.

Aus Sicht des Opfervertreters wurde „nicht adäquat“ reagiert, insbesondere wäre ein persönliches Gespräch mit dem Kind notwendig gewesen, wurde festgehalten. Den Mitarbeitern der Bezirkshauptmannschaft sei „Versagen vorzuwerfen“.

Fremdunterbringung war aus Sicht des Landes „nicht zulässig“
In dem ebenfalls an das Landesgericht Krems gerichteten Schreiben hielt die Rechtsvertretung des Landes nun fest, dass durch Handeln oder Unterlassen der beklagten Partei kein Schaden entstanden sei. „Die Obsorgeverpflichtung und damit das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung oblag beiden Kindeseltern“, wird betont. Ein Eingriff in die Elternrechte dürfe „nur unter besonders strengen Voraussetzungen erfolgen“, eine „Fremdunterbringung des Minderjährigen“ sei sozusagen letztes Mittel und wäre unter den gegebenen Umständen „nicht zulässig gewesen“.

Auch, dass kein Einzelgespräch mit dem Buben stattgefunden habe, sei hier „fachlich und rechtlich nicht zu beanstanden“. Von ärztlicher und psychologischer Seite sei „zu keiner Zeit ein Verdacht auf Kindeswohlgefährdung“ geäußert worden. Die Klage, deren Abweisung beantragt wurde, wurde zudem als „unschlüssig“ bezeichnet. „Die weitere Vorgehensweise sieht so aus, dass die zuständige Richterin beim Landesgericht Krems nunmehr einen Verhandlungstermin anberaumen wird“, erklärt Opferanwalt Ruisinger am Freitag.

Strafrechtliche Ermittlungen gegen die beiden Sozialarbeiter
Gegen die beiden in der Klage erwähnten Sozialarbeiter – ein Mann und eine Frau – laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Krems. Im Raum steht der Verdacht des Amtsmissbrauchs.

Die ursprüngliche Causa selbst sorgte über die Landesgrenzen hinweg für Aufsehen. Die nun 34-jährige Mutter soll ihren Sohn geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben. Am 22. November 2022 hatte sich das Kind in akut lebensbedrohlichem Zustand befunden. Der damals Zwölfjährige überlebte wegen des Einschreitens einer Sozialarbeiterin, die der Familie aufgrund einer Beratung bekannt war. Als Komplizin der Kindsmutter soll eine damalige Freundin der Waldviertlerin fungiert haben.

Die 34-Jährige hatte in dem Geschworenenprozess Ende Februar 2024 wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung 20 Jahre Haft erhalten. Ihre ehemalige Freundin fasste wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin 14 Jahre aus. In beiden Fällen wurde zudem die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ausgesprochen. Die Urteile sind mittlerweile rechtskräftig.

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