Weißmann zu FPÖ-Plänen

„Der ORF ist jetzt schon billiger als früher“

Medien
11.01.2025 22:30

Am Wiener Küniglberg herrscht seit dem Platzen einer Dreier-Koalition Nervosität. Kommt Blau-Schwarz, drohen massive Einschnitte im Programm. Die „Krone“ befragte ORF-Chef Roland Weißmann zu kolportierten Sparplänen und neuen politischen Farbenspielen.

„Krone“: Herr Generaldirektor, die Zuckerl-Koalition und mit ihr Kanzler Karl Nehammer ist Geschichte. Jetzt verhandelt Blau-Schwarz über eine künftige Regierung. Sehen Sie, wie einige Kritiker, die Freiheit der heimischen Medien unter einem möglichen Kanzler Herbert Kickl bedroht?
Roland Weißmann: Ich sehe nicht die Medienfreiheit an sich bedroht, aber teils auch sehr scharfe Kritik war schon immer wieder zu hören. Wir leben in krisenhaften Zeiten, weltweit und in Österreich. Die Menschen sind verunsichert durch Konflikte und Kriege, durch die großen globalen Themen wie Klimawandel und Migration und durch die schwächelnde Wirtschaft. Gerade in solch schwierigen Zeiten braucht es starke Qualitätsmedien wie den ORF, die „Krone“ und andere in Österreich, die verlässliche Information bieten und Vertrauen genießen. Ein geschwächter ORF würde auch den österreichischen Medien- und Werbe-Standort schwächen und niemandem nützen außer den internationalen Tech- und Medien-Konzernen, von Google bis Facebook und Co. Ein kleiner Markt wie Österreich wird ohne starken ORF ganz schnell zur Medienkolonie Deutschlands, Kaliforniens und Chinas. Ohne österreichisches Programm und ohne Wertschöpfung im Land. Und wenn der ORF einmal auf einen Nischensender geschrumpft ist, ist auch seine Reichweite für österreichische Inhalte unwiederbringlich an die internationalen Player verloren. Weniger ORF heißt auch weniger Österreich.

Die FPÖ greift den ORF immer wieder wegen Manipulation bei der Berichterstattung oder Geldverschwendung an. Fürchten Sie um Ihren Job bei einer FPÖ-ÖVP-Regierung?
Angst ist ein schlechter Begleiter in meinem Job. Ich wurde für fünf Jahre bestellt und werde meinen Vertrag erfüllen. Ob ich mich noch einmal bewerbe, werde ich zu gegebener Zeit bekannt geben. Unsere Information leistet großartige Arbeit, genießt die höchsten Vertrauenswerte. Fehlerkultur gehört zur täglichen Arbeit. Wenn Fehler passieren, korrigieren wir das auch öffentlich. Das stärkt die Glaubwürdigkeit.

Warum benötigt der ORF eine Milliarde Euro Budget und geht‘s nicht billiger?
In dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit ist klar, dass alle sparen müssen. Natürlich auch der ORF. Wir sind schon deutlich billiger als früher: Der ORF hat Hunderte Millionen eingespart, 1000 Mitarbeiter abgebaut und verfügt real, also inflationsbereinigt, über deutlich weniger Geld als vor zehn oder zwanzig Jahren. Der Grund ist, dass die Anpassung der ORF-Gebühren immer unter der Inflation geblieben ist. Und der jetzige ORF-Beitrag ist um ein Drittel günstiger für die Haushalte als die Rundfunkgebühr davor. Wenn man den ORF jetzt noch „billiger“ haben möchte, muss man sagen, was man alles nicht mehr will: Kultur? Sport? Österreichische Filme und Serien? Information? Regionalität?

Das plant die FPÖ im Staatsfunk

Im Stiftungsrat nimmt der neue starke FPÖ-Mann Peter Westenthaler kein Blatt vor den Mund. Seine oft auch öffentlich geäußerte Kritik brachte ihm einen Benimm-Brief des Gremiums ein. Fakt ist: Das frühere blaue Parteiurgestein ist ein Mann der klaren Worte. Aus seinen Zielen macht der 58-Jährige kein Geheimnis: ein „schlankerer ORF“.

Beim Sparen im Staatsfunk sind FPÖ und ÖVP teils ziemlich beste Freunde. Die Freiheitlichen haben aber noch radikalere Einsparpläne:

  • Abschaffung der Haushaltsabgabe und dafür eine – freilich viel geringere als jetzt mehr als 700 Millionen Euro – Finanzierung aus dem Budget.
  • Nach dem Höchstgerichts-Urteil über die teils verfassungswidrige Bestellung des Stiftungsrates durch einen übermäßigen Einfluss der Bundesregierung eine schnelle „gesetzliche“ Reparatur samt neuem ORF-Gesetz.
  • Was dann im Sommer zu einer Neuwahl bzw. Abwahl der Geschäftsführung mit dem Generaldirektor an der Spitze führen soll – die Direktoren müssen dann freilich bis zum Ablauf ihrer fünfjährigen Bestellung Ende 2026 weiterbezahlt werden.
Peter Westenthaler soll für die FPÖ im ORF aufräumen. Auch die ungeliebte Gebühr für alle Haushalte ist auf seiner Streichliste. (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Peter Westenthaler soll für die FPÖ im ORF aufräumen. Auch die ungeliebte Gebühr für alle Haushalte ist auf seiner Streichliste.

Braucht es für den öffentlich-rechtlichen Auftrag tatsächlich vier TV-Sender, zwei Radiostationen, die blaue Nachrichtenseite im Internet, ein Orchester und neun Landesstudios?
Ja, so sieht es der Gesetzgeber vor – mit Ausnahme des Orchesters. Wenn der „ORF für alle“ etwas bieten soll, braucht er auch die entsprechenden Ausspielkanäle. Wir erreichen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung mit unseren Angeboten, haben die besten TV-Marktanteile seit zehn Jahren. Das soll auch so sein, weil wir von allen finanziert werden – ob aus einem Beitrag oder aus dem Bundesbudget. Daher müssen wir für alle Programm machen. Das funktioniert natürlich nicht mit einem Sender, da braucht man unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Zielgruppen. Wir begegnen den Österreicherinnen und Österreichern täglich auf Augenhöhe und holen sie mit ihren Bedürfnissen und Interessen ab: Sei es das Neujahrskonzert, die Vier-Schanzen-Tournee – mit Rekord-Quoten, „Bundesland heute“ oder junge Serien wie „School of Champions“ und „Biester“.

Die FPÖ will einen „Grundfunk“ und verspricht, die Haushaltsabgabe zu streichen, die ÖVP will den ORF-Beitrag zumindest einfrieren. Mit wie viel Geld weniger rechnen Sie und wo müsste bei den kolportierten Einsparplänen der Rotstift angesetzt werden?
Ich rechne derzeit mit dem Einsparungsprogramm, das wir schon seit zwei Jahren fahren, nämlich 325 Millionen Euro von 2023 bis 2026. Das ist hart zu stemmen, aber wir werden es schaffen. Wenn weitere Einsparungen oder Budget-Kürzungen beschlossen werden, wird es weniger Programm, also weniger Österreich geben. Dann muss man auch sagen, welche Leistungen der ORF nicht mehr erbringen soll und was das für das Land bedeutet. Strukturen sind schnell zerstört, aber können nie wieder aufgebaut werden. Das betrifft den ORF und auch viele Institutionen und Unternehmen, die rund um den ORF existieren. Lücken, die durch das Beenden von ORF-Angeboten aufgemacht werden, werden sicher nicht von österreichischen Anbietern geschlossen werden, sondern von den globalen Marktbeherrschern.

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